sind noch lange der dekorativ orientierten Rich-
tung des Kunsthandwerks der Zeit um 1900 ver-
pflichtet".
Von größerer Bedeutung als die Handarbeit, die in
den meisten der genannten Institutionen geför-
dert wird, ist natürlich die industrielle Fertigung
von Textilien. Vor allem Wiener Fabrikanten bemü-
hen sich, moderne Künstler als Entwerfer ihrer
Stoffe und Teppiche zu engagieren: Neben Moser
und Hoffmann sind in diesem Zusammenhang
z.B. Alfred Roller, Otto Prutscher, Robert Oerley
(Abb. 1), Dellavilla, Wimmer oder Peche zu nen-
nen". Außer Backhausen sind Firmen wie Philipp
Haas 8. Söhne, A. Fiemmich's Söhne sowie S. E.
Steiner S. Komp. an dieser Entwicklung auf dem
Gebiet der Dekorationstextilien beteiligt. Die Fir-
ma J. Ginskey ist für Knüpfteppiche nach Künst-
lerentwürfen bekannt".
Sind für die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhun-
derts bei den Dekorationsstoffen eingewebte Mu-
ster charakteristisch - webtechnisch oft sehr raf-
finierte Losungen wie das Hohigewebe (Abb. 2, 8)
-, werden mit dem Ende des Jahrzehnts zuneh-
mend bedruckte Stoffe hergestellt (Abb. 5): riSie
gestatten eine so freie Farbwahl und ein so be-
wegliches Ornamentrr wird 1911 diese Vorliebe be- r
gründet". Der vielschichtige Textildekor des zwei-
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ten Jahrzehnts läßt sich mit Druckstoffen leichter
verwirklichen. Neben Naturformen sind abstrakte
Ornamente, wie die in der Malerei, z. B. bei Klimt,
schon viel früher dominierende Spirale (Abb. 5,
10), außerdem stark vereinfachte, schematisierte
Pflanzenformen (Abb. 10, 14, 15) beliebt. Daneben
gibt es aber auch expressionistische, hoizschnltt-
artige Muster, wie sie Ludwig Jungnickel und
Franz von Ztllow entwerfen". Geometrisch klare
Motive findet man vor allem im unmittelbaren Um-
kreis Joseph Hoffmanns (Abb. 9, 11). in Zukunft
bestimmen die Entwürfe der Wiener Werkstätte -
die hauptsächlich für Druckstoffe geschaffen wer-
den - den Geschmack und das hohe Niveau so-
wohl der Dekorations- als auch der Kleidertexti-
lien.
Bis heute hat man keinen Beleg gefunden, der den
Beginn der Stoffproduktion im Zusammenhang
mit der Wiener Werkstätte exakt bestimmt. Soweit
den Quellen zu entnehmen ist, werden die Textl-
lien für die frühen Ausstattungen der Wiener
Werkstätte - z. B. für das Sanatorium in Purkers-
dorf" oder für das Palais Stoclet" - in Wiener
Firmen, vor allem bei Backhausen gewebt und
geknüpft, gelegentlich auch gedruckt, ohne daß
sie unter dem Namen der Wiener Werkstätte ver-
kauft oder an der Webekante signiert werden, wie
bestimmte spätere Druckstoffe (Abb. 9). Eine eige-
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12 Teewärmer, Seide mit Wolle bestickt, Entwurf und
Ausführung von Melitta Löffler für die Wlener Werk-
stätte. Enlvorben 1912. OMAK, lnv. Nr. W. l. 1082, L. 31,
B. 37 cm
13 Kirchenstoff, Seide und Metaiiladen, Entwurf: Prof.
Fteich.__Ausfllhrung: Jch. Backhausen G. Söhne, Wien,
1912. OMAK, Inv. Nr. W. l. 1204, L. 120, B. 57 cm
14 Kirchenetoff, Seide, Entwurf: Prof. Frömei, Villach,
Ausführung: A. Flemmlch's Söhne, Wien. Erworben
1913. OMAK, lnv. Nr. W. I. 1198, L. 120, B. 57 cm
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15 Bedrucktes Leinen i-Schwalbenschwanzlr, Entwurf:
Dagoberl Peche, ausgeführt für die Wiener Werkstät-
te, um 1913. ÖMAK, lnv. Nr. T 11146, L 250, B. 120 cm
16 Bedruckter Baumwoiimoiino r-Marina-r, Entwurf: Dago-
bert Peche, ausgeführt für die Wlener Werkstätte, um
1913. OMAK, O. lnv. Nr., L. 30,5, B. 65 Cm
Anmerkungen 33 - 56 (Anm. 33 - 41 s. S. 4)
" K. u. Khw. Xlil, 1911. S. 663
ß Vgl. Anm. a7 __
" im Archiv der Wlener Werkstätte, das sich heute im österreichi-
schen Museum für angewandte Kunst befindet, gibt es eine Kar-
tei, in der Notizen für den Stoltdrucker festgehalten Sind. Die
Karten für das Muster r-lrriand. zeigen als letztes Datum 1929.
ß K. u. Khw. XV, 1913, Abb. S. 627
" Musterbuch WW S. 104
" Vgl. F. NOVOtny, J. Doboy: Gustav Klimt, Salzburg 1967, Taf. B3,
Kat. Nr. 196. Das Kleid wird später verändert und befindet sich
heute im Costume Institute des Metropclltan Museum of Art in
New York. Eine ähnlich vielfältige Verwendung laßt sich auch
für Wlmmers mmelset. nachweisen - vgl. Anm. 36: Sonla Knips
tragt auf einem Foto von um 1911 ein Kleid aus diesem Stoff.
Vgl. C.M. Nebenay: Gustav Klimt, div-Taschenbuch, München
1978, Abb.149.lm Musterbuch WW befindet sich das Muster auf
S. 55.
" Vgl. B. Zuckerkandl In: Wiener Journal, 19. Mal 1923
4' Vgl. H. Ankwlcz-Kleshoven: Dagobert Peche, in: Ausstellung von
Arbeiten des modernen österreichischen Kunathandwerks.
Dagobert-Peche-Gadächtnls-Aussteilung, Wien 1923
i" 2.5. Deutsche Kunst und Dekoration XXXII, 1913, Abb. S. 374
5' B. Zuckerkarldli Dagebert Poche. in: Deutsche Kunst und Deko-
ratlon XXXIX, 1916111, S. 343
H Vgl. z. e. Shawl im Österreichischen Museum für angewandte
Nr, W, I. 1334
.A.: Klnderzelchnungen, in: Hohe Warte I, 1904iO5,
atalog der Ausstellung von Arbeiten der Kunstgewer-
Wlan 1906, S. 20, und dazu K. u. Khw. IX, 1906. S. 512
" Vgl. M. Dreger: Beginn und Blüte der Wiener Seldenweberei, In:
K. u. Khw. XVlll, 1915, Abb. 39H.
" Katalog der Ausstellung für kirchliche Kunst, Wien 1912, S. 5711.
1' 1913 kauft das Museum I8 Kircherlstottbahrlen, fast alle 57x
120 cm groß (lnV. Nr. W.l. 1193 -1209, 1222).
ne Produktion von Geweben oder Teppichen hat
es in der Wiener Werkstätte aber auch dann sicher
nicht gegeben. Hoffmann schreibt selbst 1928
zum 25jährigen Bestehen der Vereinigung: nEs be-
stehen Werkstätten für Mode und Wirkwaren,
Perlarbeiten, Stickereien und Stoffbemalung
Stoffe, gewebte und bedruckte, Teppiche, Tape-
ten und bedruckte Seidenstoffe werden in mit der
Wiener Werkstätte verbundenen vorzüglichen
Werken gearbeitet. Spitzen, kleine Wirkereien und
besondere Merkwürdigkeiten werden als Heimar-
beit mit Sorgfalt und Liebe hergestellt"... Ähnli-
ches in bezug auf die Herstellung, aber zu einem
früheren Zeitpunkt, der ein Licht auf den Beginn
der Stoffproduktion werfen konnte, liest man in
der nNeuen Freien Pressen vom 5. Oktober 1910.
Hier ist vom Exkiusivverkauf der Produkte der Wie-
ner Werkstätte in Berlin, im Warenhaus Werthei-
mer, die Rede: nDie deutsche Gesellschaft (i.e.
Wertheimer) hat außerdem mit den bedeutendsten
deutschen Firmen der Textil-, Seiden- oder ähnli-
cher Branchen langiährige Verträge abgeschlos-
sen, behufs von Erzeugung von Stoffen nach Ent-
würfen der Wiener Werkstätten Abbildungen von
Stoffen, von denen es - offenbar irrtümlicherwei-
se - heißt, sie seien in der Wiener Werkstätte
ausgeführt worden, findet man zum ersten Mai in
7
ä
"Kunst und Kunsthandwerkrr von 1911, wo über
die vAusstellung österreichischer Kunstgewerbeu
1911112 berichtet wird. Es sind Druckstoffe nach
Entwürfen von Lotte Frömel-Fochler _ "Geier.
und uGrünfink-i - und Eduard Wimmer - "Amei-
sen". Hartwig Fischel widmet in seiner Rezension
den Textilien ungewöhnliche Beachtung: "Große
Aufmerksamkeit wurde in dieser Ausstellung dem
Gebiet der Textilarbeit geschenkt, welches ja in
erster Linie dazu berufen scheint, neue Ideen auf-
zunehmen und weiterzuverarbeiten und weiches
eine so einflußreiche Rolle spielt, sowohl in der
Raumgestaltung als auch in der Kleidungtß." in
den Nischen des Hauptraumes befinden sich Vitri-
nen mit Stoffen von Backhausen, Haas, Steiner
und aus der Produktion für die Wiener Werkstätte.
Außerdem bestehen Möbelbezüge, Wandbespan-
nungen und Vorhänge aus Stoffen, die Mitarbeiter
der Wiener Werkstätte entworfen haben. Auf
Grund dieses Materials kann man wohl anneh-
men, daß die Stoffherstellung im Namen der Wie-
ner Werkstätte um 1909110 beginnt.
Ein Musterbuch für Kleiderstoffe der Wiener Werk-
stätte, wahrscheinlich aus der Anfangszeit der
Stoffproduktion, gibt einen Überblick über die
Vielfalt der gleichzeitig entworfenen Muster (Abb.
10, 11). Neben einfachen zweifarbigen Mustern
aus geometrischen Elementen (Abb. 11) findet
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