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Volltext: Monatszeitschrift IV (1901 / Heft 9)

stellt alsFundamentalgesetz das Gebot 
strengster künstlerischer Wahrheit 
auf, fordert in erster Linie Material- 
gerechtigkeit, Herausentwicklung der 
Decoration aus der Technik. 
So verschwindend kleinen Boden 
verhältnismässig diese Principien in 
Frankreich etwa auf dem Gebiete des 
Möbels und derWohnungsausstattung 
im allgemeinen gefunden haben, das 
Feld der Keramik hat sich ihnen im 
weitesten Masse eröffnet. 
Diese merkwürdige Thatsache 
steht jedoch nur scheinbar mit der 
hohen Wertschätzung im Wider- 
spruche, die man in Frankreich den 
geschichtlichen Überlieferungen der 
Töpferkunst entgegenbringt; im Grun- 
de erklärt sie sich vielmehr gerade 
durch sie. Denn die Bewunderung, 
mit der der Franzose auf die grossen 
alten Meister der Keramik - insbe- 
sondere auf Palissy - zurückblickt, 
hat ihn daran gewöhnt, die Töpferei 
als eine hohe Kunst anzusehen, in der 
er der künstlerischen Individualität 
autokratische Rechte einräumt. 
In diesem eigenartigen Stand- 
punkte, in künstlerischer Hinsicht die 
Rechte des Einzelnen in Gegensatz 
zu bringen zu den Anforderungen an 
die Allgemeinheit, liegt ja eines der 
wesentlichsten Charakteristika des 
E. Lachenal, Madonna mit Kind, Fayence, modellin 
von Mme. de Frurnerie 
französischen Nationaltemperaments, das so sonderlich aus Enthusiasmus 
und Pedanterie gemischt ist: derselbe Franzose, der ein modernes Möbel 
rundweg verdammt, weil es „keinen Stil" hat, wird sich von Laliques 
modernstem Geschmeide begeistern lassen, weil es - Lalique ist! Und wie er 
sich vor der Einzelerscheinung des genialen Schmuckkünstlers modernster 
Richtung beugt, so acceptirt er auch die moderne Töpferkunst, wenn sie 
den Stempel des Individuellen trägt. 
Die Besucher der Pariser Weltausstellung konnten in der keramischen 
Abtheilung Frankreichs beurtheilen, wie reich die französische Töpferkunst 
an derartigen Individualitäten ist; das Wiener Publicum hatte vor kurzem 
im Österreichischen Museum Gelegenheit, in einer reichhaltigen, den ganzen 
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