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Volltext: Monatszeitschrift IV (1901/ Heft 10)

farbigen Nachbildungen der „Pest" von Jennewein. Der Meister, über dessen Lebensgang 
die Einleitung von K. B. Mädl Aufschluss ertheilt, ist durch seine religiösen C0mpo- 
sitionen, insbesondere seine grossartig concipirten Scenen aus der Passion Christi, rühm- 
lichst bekannt. Auch seine Pest entbehrt nicht des religiösen Hintergrundes. 
In wenigen Blättern schildert jennewein das Auftreten der Pest mit allen ihren 
typischen Begleiterscheinungen und Episoden. Jennewein versetzt uns in das Mittelalter, 
in welchem der schwarze Tod so oft verheerend durch die Lande zog und als eine Geissel 
Gottes betrachtet wurde. Für die Personen, die in dem düsteren Schauspiel auftreten, 
hat sich der Künstler ein eigenartiges Costüm, wie wir es auch aus anderen seiner Bilder 
kennen, halb mittelalterlich, halb antik, zurechtgemacht. Mit wenigen Figuren, mit wenigen 
markanten Zügen zeichnet er kurz und bündig seine Scenen, welche imstande sind, zu 
wortreichen Erklärungen Anlass zu geben. Es ist eine bewunderungswürdige Ökonomie, 
die er bei seinen inhaltsvollen Compositionen anwendet, auch auf die Gefahr hin, nicht 
immer leicht verstanden zu werden. Ein Titanengeschlecht fuhrt er uns vor, welches da 
zu Boden geschmettert wird, sich windet und krümmt, oder im wilden Taumel auf- 
jauchzt. Einschmeichelnd ist seine Kunst nicht, vielmehr erschütternd und ergreifend, 
voll Wucht und Kraft, mit markigen Linien und saftigen Körperformen. Die Grösse seines 
Stiles, die Einfachheit seiner Mittel, welche sich so trefflich für Reproductionen eignen, 
werden den Eindruck nie verfehlen. 
Prag, Juli xgox Chytil 
ERLIN. DECORATIVE CHRONIK. Im Kunstgewerbemuseum ist im Schlütersaal 
der Tafelaufsatz ausgestellt, den der Kaiser als Geschenk für Edward VII. nach seinen 
eigenen Entwürfen von Otto Rohloff hat arbeiten lassen. Er besteht aus einem mächtigen 
Mittelstück, einem grossgewölbten Kübel mit massigem, spitz aufwachsendem Deckel. 
Sehr einfach in den Ornamenten geht er hauptsächlich auf die Metallwirkung aus. Sein 
vorzüglicher Schmuck ist ein breites Schriftband mit der Inschrift in steilen englischen 
Antiquaversalien „Emperor William II. to King Edward VII." Von diesem Mittelstück 
laufen auf der Tischplatte nach links und rechts Alleen von schmalen jardinierensätzen 
in Form durchbrochenen gelben Gitterwerks, ein jeder links und rechts flankirt von 
niedrigen Vasenpostamenten. Die Gitter verkleiden schmale Krystallkästen, die für die 
Blumen bestimmt sind. Die Gitterstücke links und rechts vom Mittelbecken, die die Vor- 
zugsplätze der Tafel markiren, tragen im Mittelfeld eine Cartouche mit dem Monogramm 
Edwards. An den Enden der Tafel schliessen sich die Gittertheile mit je einem Halb- 
rondelstück, auf dessem Durchbruch das englische Wappen ruht. 
Wenn man die einzelnen Theile als Zusammensetzspiel auf dern Dammast aufgebaut 
sieht, gleicht das Ganze streng gezirkelten Potsdamer Gartenanlagen. Es ist Empire. Aber 
nicht französischer. Er hat etwas ausgesprochen Preussisch-Militärisches, man kann sich 
kein Civil an dieser Tafel denken, nur die Uniform passt dazu. Es ist der Aufsatz für ein 
Paradediner und wie die Orgel der Garnisonskirche in Potsdam, könnte er den Gardestern 
führen. 
Mit dem modernen Kunstgewerbe, das der Kaiser gar nicht liebt, hat dieses Werk 
natürlich nichts zu schaffen". Aber es ist sehr charakteristisch und zeigt in rückhaltsloser 
Aussprache die Geschrnacks- und Gefühlsrichtung seines kaiserlichen Urhebers. ; 
Berlin hat jetzt einen guten neuen Laden. Der Hoffriseur Francois Haby, einer der 
Vielgewandtesten, der es glänzend versteht, von sich reden zu machen, hat mit seinem 
neuesten Reclametric, vielleicht ohne es zu wollen, etwas Ausserordentliches, Elegant- 
Solides, Musterhaft-Vorbildliches entstehen lassen. 
Er wollte sich ein neues Geschäftslocal einrichten, erkundigte sich, da er sich mit 
Kleinigkeiten nicht abgibt, nach dem ersten Mann, hörte vielleicht dabei zum erstenmal 
den Namen Van de Velde und liess bauen. So entstand des Belgiers zweiter Laden in 
Berlin. Der erste war die Niederlage der Havana Compagnie. Und, so kühl man den
	        
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