PROFESSOR HELLMERS BILDHAUER-
SCHULEN-
IE akademischen Schulausstellungen finden bei
uns stets mitten in der Sommerschwüle statt,
zu einer Zeit, wo man längst in einer fashionablen
Sommerfrische weilt und daher nicht nur von
ihnen fern bleibt, sondern auch die Berichte
über sie, von anderen Interessen lebhafter
angezogen, unbeachtet lässt. Man leistet sich
allenfalls der Kunst zuliebe den Umweg aus dem
Hochgebirge über München und seine Aus-
stellungen; reist vom nordischen Seestrand
kommend, etwa über Berlin oder Frankfurt und
Darmstadt; ja, man unterbricht sogar in Leipzig oder Dresden wegen
einer sommerlichen Kunstausstellung seine Fahrt: nach Wien kommt jedoch
zu dieser Jahreszeit keiner aus Kunstinteresse und dass in den letzten Juli-
Wochen alljährlich unser künstlerischer Nachwuchs ausstellt, wissen die
Meisten nicht einmal, und denen, die es wissen, scheint der Weg über die
Breite des Schillerplatzes schon zu weit. Nun gar erst die Ausstellung der
Bildhauerschulen hinter dem Belvedere! Sie gelten einfach als unerreichbar.
Den jungen Künstlern mag das wenig schaden. Wahre Talente kann
diese Vereinsamung nicht ernstlich gefährden. Eine andere Frage aber ist:
frommt es unserer, für Kunst endlich wieder empfänglicher gewordenen
Zeit, weiters noch interesselos an derlei künstlerischen Leistungen unserer
künftigen Meister vorüberzugehen?
Freilich, fertige Kunst werden wir auf akademischen Schulausstellungen
nicht finden. Die endgiltige Ausgestaltung eines künstlerischen Motives liegt
jenseits des schulmässigen Unterrichtes, aber das Reizende, Rührende,
Anmuthige begegnet uns bereits, wenn auch oft noch im ersten Aufkeimen,
auf dieser Stufe. '
Ein Blick in die akademische Ausstellung der allgemeinen Bildhauer-
schule des Professors Hellmer, wie sie im verflossenen Sommer stattfand,
konnte dies zur Genüge erhärten. In fünf Schulsälen waren in ungezwungener
Gruppirung die ausgewählten Arbeiten der vier Jahrgänge ausgestellt.
Bequem konnte der Besucher die Gegenstände von ferne und in der Nähe
besehen. In drei Sälen dominirte je ein jahrgang und die letzten zwei Säle
blieben dem vierten Jahrgange vorbehalten.
Im Saale nächst dem Eingange waren Porträtbüsten und Reliefs,
Arbeiten des zweiten Jahrganges, vorherrschend. Ein gutes Kinder-Relief
von Bachmann machte sich angenehm geltend, ein etwa zwölüähriges, noch
überschlankes Mädchen, bei aller Zartheit des Tractamentes gut charakterisirt.
Weiters fiel eine Männerbüste Hanaks durch flotte und dennoch weiche
Behandlung auf (Abb. S. 484). Ein fein gebildeter Kopf einer ungefähr
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