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fullscreen: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 156)

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der nachmittelalterlichen Weltlandschaft. So we 
nig das Auge sich indes hier topographisch arge 
hen kann, sowenig ist eine Stadt als Wohnort und 
Behausung gemeint. Man hat dieses Bild als das 
erste neuzeitliche Städtebild bezeichnet, aber in 
Wahrheit ist die Stadt selbst das Unwirklichste 
darin. Nicht die Festigkeit ihrer Mauern, die Si- 
cherheit ihrer Türme und des Alcazars, ja eigent- 
lich keine tturbanistischett Qualität kommt in die 
sem Phantasiebild zur Geltung. Die Stadt selbst 
ist ein ganz und gar unstoffliches, fragiles und 
im höchsten Maße wgelährdetesii Wesen. Halb 
scheint sie in der Natur zu versinken, halb aus ihr 
emporzutauchen und ist dabei doch ein Unbeweg- 
tes in einem einzigen Bewegungsstrom. Dieses 
schwer bestimmbare Gegenüber von gläserner 
Märchenwelt und apokalyptischer Unruhe geht 
wie ein Ftiß durch das ganze Bild. Ist es ein Nacht- 
stück, in dem ein Blitz die Landschaft erhellt? 
Falsch ist es, hier irgendeine Tageszeit bestim- 
men zu wollen. Es gibt nicht das Momentane im 
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zeitlichen Sinne, sondern das schlagartige der Er- 
scheinung. Das Bild ist eigentlich eine Land- 
schaftsepiphaniea. 
Im letzten Jahrzehnt des 16. Jh.s hat es bei Greco 
eine verstärkte Hinwendung zu mystischen Bild- 
stoffen gegeben; darunter sind so bedeutsame 
Bildthemen wie der "Einsame Kruzifixusii oder 
"Christus, das Kreuz umarmendit. Der Menschen- 
typus dieser Zeit ist ein übersensibler, in jeder Fa- 
ser vibrierender, der zunehmend den standfesten 
Bezug zur Erde verliert. Das Charakteristische et- 
wa der Kreuzigung im Prado (Abb. 7) kann in Stich- 
worten genannt werden: steiler, symmetrischer 
Bildaufbau, Konzentrierung der Gegenstände auf 
die vordere Bildebene, verstärkt durch eine inten- 
sive Buntfarbigkeit. Diese Ebene bildet aber kein 
Relief, wie Soehner meint, denn durch das Bild- 
dunkel, Grau und tiefes Schwarz, wird das farbige 
Kontinuum, das ein Korrelat zum Fteliefhaften zu 
sein hätte, zerrissen. 
Dasselbe gilt mutatis mutandis auch für die Anbe 
tung der Hirten im Prado (Abb. 8). Grecos letztes 
eigenhandiges Werk, kurz vor 1614 entstanden 
und für seine Grabkapelle bestimmt. Dem steilen 
Bildtormat entspricht die gesamte Bildstruktur. 
Das Plastische ist als formbildendes Element na- 
hezu ganz verschwunden. Das Flackernde, Flam- 
mende und Flammenförmige in seiner für plasti- 
sches Denken äußersten Ungreifbarkeit bestimmt 
offen jede Form. Dabei ergibt sich gleichsam bei- 
läufig auch eine Modellierung des Gegenständli- 
chen, ist aber nie an dieses gebunden, sondern 
scheint einem ganz anderen Formverlangen anzu- 
gehören. In dem Maße, wie das plastische Sub- 
strat schwindet, wird das Sehen des Bildes von 
der klaren Unterscheidbarkeit der farbigen Fla- 
chen abhängig; deshalb lassen sich in Schwarz- 
weißreproduktionen die innerbildlichen Zusam- 
menhänge nicht mehr fassen. Die Farbe zeigt da- 
bei die Tendenz, schlagartig in ihrer reinen, urige 
brochenen und unvermischten Gestalt hervorzu- 
treten. Dieser letzten Phase eignet ein völlig kom- 
promißloser Zug. Die formalen Faktoren, die von 
Anfang an in Grecos Malerei angelegt waren, sie 
beherrschten und zunehmend deutlicher wurden, 
treten nun unumschränkt und unverhLillt hervor. 
Ist EI Greco ein Manierist? Diese Frage Iäßt sich 
heute nicht mehr so eindeutig bejahen wie vor 
fünfzig Jahren, als der Manierismus als stilisti- 
sches und epochales Phänomen entdeckt wurde. 
Grecos Einstufung als Manierist datiert in diese 
Zeit und wurde am großartigsten von Max DvoFak 
ausgesprochen? Indessen kann nicht übersehen 
werden, daß seine Kunst nur sehr lose mit derzeit- 
genössischen Esoterik eines Gongora oder dem 
Concettismus eines Gracian verbunden werden 
kann; vollkommen fehlen ihr die zentralen Eigen- 
schaften, die der Malerei des internationalen Ma- 
nierismus im 16. Jh. die Physiognomik eines Epo 
chenstiles geben. Zur Malerei des Manierismus 
gehört das Kalte und Tote, die Todesnähe oder die 
Vertotung; das Maskenhafte, Erborgte, die tiefge 
hende Verfremdung; das Künstliche und Enigmati- 
sche; das Gestückelte, Panzerhafte und Starre, 
ebenso das erotisch Laszive; auch das Schillernde 
und Fahle, die Vertauschung und die Verweslich- 
keit der Farben. Als Lebenshaltung etwa die Über- 
intellektualität, Verschlossenheit und Egozentrik, 
der geheime Zweifel und die Weltangst als un- 
überwundene Hemmungen etc. In dieses Fach ge- 
hört Greco aber auf keinen Fall, er nähert sich die 
ser Haltung allenfalls in einigen Fruhwerken, sein 
spanisches CEuvre ist unendlich weit von dieser 
Bilanz des Manierismus entfernt. Hervorragend 
hat DvoFäk die geistigen und künstlerischen Strö- 
mungen aufgezeigt, mit denen Greco in Italien in 
Berührung kommen konnte, aber damit schon wie 
13 EI Greco. Bußender Hieronymus. Washington. National 
Gallery 
Anmerkungen 11-12 
" oazu Hans Sedlmayr. oie "Macchtau Eruegels. iri Jb d WIEUEY 
Kunsthlst Sgln. N F . Hd B. l934, S. 137 i . wiederabgedr in H S, 
Epochen uhd Werke. ges. Schriften z. Kunstgesch, ad t, Muri- 
ChertlWien 1959, s. 274 rizurri adgriii der MECChlB Seit LEDnardU 
vgl lvan Kohler. Die Floreritirier Macchiaoii, Munchner DlSS 1955 
(Masch Mariuskr i, S 55 ff 
" s P Lomazzo iuhri iri Seinem Trattalß dell'Arte de la Pittiira. Mai- 
land 1584, Buch i, Kap i. s 22 f. u. Buch e. Kap LXlll. s. 4st t.. 
die Theorie der riiigura aerpehtmata- aui Michelangelo zuruck ÜiE 
schlangerigleich bewegte. proportional hiaht lailbare Pyramide, iri 
der sich die großte Bewegung aufiert urid dem Feuer als dem Eie- 
Vtletit der großteri Aktlvltat (nach Aristoteles) entspricht, bewirkt 
dieser Theorie zufolge großte Schoriheit in der Kunst. (Ei Greco be- 
saß laut Nachlaßtnventar etrieh italienisch geschriebenen vtratado 
de ia pirtturaa, der leicht iaher des Lorriazzd gewesen aeiri konnte 
Vgl H E. Wethey. Ei Greco am! his School. Priricetnn 1962. Bd l, 
s. 77, Ahrri 3.) 
Freilich braucht die Kenntnis der Theorie der Figuril serperitiriata 
bei Greco nicht unbedingt vorausgesetzt werden. dann die Idee der 
Flammeniorm betrifft bei Lomalzo rrur die Makrostruktur der 
kdrripdaitidri, wahrerid aia bei cradd alles, auch die MlkrOSifUKtui 
der malerischen Faktur bestimmt urid VDtl Arttaftg ari D8! ihm ariga- 
legt ist, immerhin bleibt es aiiiraiierid. daß Sie zu vollem Durch- 
bruch erst utigeiahr seit der Mitte der achtziger Jahre gelangt.
	            		
selbst auf jene Gestalten hingewiesen, in de l ein Manierismus, auf den die eben angeführ- Merkmale lückenlos passen, überwunden ist: in Michelangelo übernahm Greco den Anatura- 1us der Form, von Tintoretto die anaturalisti- e Farbe und Komposition." Die Frage nach n eigentlichen Stil Grecos, für den es hier nicht sehr einen neuen Begriff zu finden gilt, wird 1 eher lösen, wenn eine weit zentralere als die h dem geistesgeschichtlichen Umkreis beant- tet werden kann. Nämlich: wo werden die Ge le von Grecos Malerei, so wie sie immer und zu vht gesehen wurden, konkret anschaulich? Wie l in welcher Form tritt sein Mystisches, sein Ek- lisches, die Spiritualisierung und Weltabge idtheit, religiöse Verinnerlichung und Exalta- i zutage? Wo ist das Analoge, wo das vteritium iparationisii, das diesen Gehalt mit den an- aulichen Tatsachen, z.B. den überlängten perproportlonen, der besonderen Farbigkeit r mit der Auflösung des nachmittelalteriichen imberiffes, dem die Fienaissance verpflichtet , zwingend verbindet? Wenn die gerne auch Dvofak als Quelle zitierte hl. Theresa von Avila t; "Was ich sehe, ist ein Weiß und ein Rot, wie 1 es nirgends in der Natur findet, welches hel- leuchtet und strahlt als alles, was man beob ten kann, und Bilder, wie sie noch kein Maler ialt hat, deren Vorbilder nirgends zu finden i und die doch die Natur selbst sind und das en selbst und die herrlichste Schönheit, die 1 sich denken kannii, so ist es schwer, darin h für einen Maler wie Greco eine Ermutigung r gar Anweisung zum Malen zu finden. Denn Maler bleibt angewiesen auf diese in Natur Kunst bereitgestellten Bilder und Symbole. h das "Noch-nie-Gesehenei- kann nur gemalt den mit Hilfe dessen, was "wiedererkanntu den kann. ifig findet man dieses Tertium comparationis iiger leicht in den komplexen Bildsystemen als en einzelnen Elementen und kleinsten Baustei- , aus denen sie sich zusammensetzen. Die Fra- nüßte lauten: Weiches ist der kleinste gemein- ie Nenner, sozusagen die morphologische inadeu der Bilder Grecos? Ihre Lösung scheint I am ehesten dort anzubieten, wo die Greco- e Eigenart am reinsten hervortritt, sie liegt im olem des Alterswerkes. Nur bei wenigen ande- Malern wird das Bild ihres Gesamtwerkes so r von den späten Schöpfungen mitbestimmt bei Greco. Michelangelo, Tizian, Rembrandt Goya bedeuten mit ihren Alterswerken zu- ch Eckpfeiler und Wendemarken der europa- ien Malerei und müssen als ihre Höhepunkte Greco zusammen genannt werden. Der Ver- ch mit dem späten Michelangelo war schon Fak wichtig gewesen, in anderer Hinsicht und icht darf er hier aufgegriffen werden. Man n nebeneinanderstellen: eine späte, vielleicht letzte Zeichnung Michelangelos, eine Madon- nit Kind (Abb. 9), und den hl. Sebastian Grecos Prado (Abb. 10). Was ist das Gemeinsame in zhen Alterswerken, die doch über genau fünf- Jahre voneinander getrennt sind? Die Aus- zksregister des vollkommen durchgebildeten ischlichen Leibes waren das Lebensthema Mi- langelos und in ganz anderer Weise auch Gre . Das Plastische schlechthin ist bei Michelan- ) eine Ordnungsmacht, die von Anfang an den ) mit einer Willenskraft ohnegleichen in Fes- I halt und seine Kräfte in ständiger gegenseiti- Steigerung händigt. Bei Greco findet das Um- ehrte statt: die Durchformung der Gestalt bt nach der Darstellung einer gewiß ebenso rmenschllchen Anstrengung des Leibes, die ingtheit einer solchen unmittelbaren Bindung die plastische Form zu überschreiten. So er- gt das Plastische bei Michelangelo und Greco jeweils geistig diametral entgegengesetzte Werte. Die späte Zeichnung Michelangelos zeigt jedoch etwas unfaßbar Willenloses; hier ist gleichsam al- les Absichtliche, jederümaginäre) Wettbewerb mit Kunst, ja, jeder Gedanke an Kunsthaftigkeit über- haupt aufgegeben. Es gibt kein ästhetisches Wol- len mehr, die Bestimmtheit der einzelnen Linie ist gleichgültig geworden. Weder dem Bilde Grecos noch einer späten Kreuzigungsdarstellung Miche langelos (Abb. 11), die man zurVerdeutlichung des Vergleichbaren danebenhalten darf, kann man als Betrachter in gewohnter Weise gegenübertreten und sie als Bilder urteilend genießen. Sie wollen und können nicht mehr "Kunsti- sein im Sinne ei- ner prozeßhaften Auseinandersetzung mit einer teilhabenden Umwelt. Sie sind nicht einmal mehr Auseinandersetzung und Erprobung des eigenen Vermögens - dieser doch bei Michelangelo und Greco ehedem gleichstarken Triebkraft. Dafür setzt hier ein Prozeß anderer Art ein, nicht das Vor- antreiben auf einen Zustand gültiger und vollkom- mener Bildhaftigkeit und Bildwirkung setzt ihn in Gang, sondern die Suche nach vollkommener Ein- fühlung, nach dem Aufgehen des ich im Gegen- stand. Es gibt in diesen späten Bildern eine Art der Ergebung, geradezu eine Demutshaltung, die selbst die Bildmittel ergreift: es herrschen nicht mehr der entschiedene, energische Strich und die sichere, selbstgewisse Linie, vielmehr auch bei Greco ein Tasten und Zögern, als würde die Hand nicht mehr vom Wollen und Wissen geführt, so als überließe sie sich ganz einer Vorstellung, die kaum artikulierbar und nachvollziehbar ist, für die sie sich immer wieder von neuem bereit zu halten und neu anzusetzen hat. Deshalb sind die mehrfa- chen Konturen der Zeichnungen und die zittern- den Umrisse des Gemäldes auch keine Pentimenti im herkömmlichen Sinne mehr, es sind keine "Ver- besserungen" nach korrigierenden Formvorstel- lungen, sondern Spuren einer immer intensiver werdenden "Versenkung-i in das Thema. Der Ver- zicht auf Deutlichkeit, Entschiedenheit und Klar- heit ist ein fundamentaler. Nicht in der Suche nach besseren Lösungen oder aus einem Überla- gern von Teillösungen entsteht das scheinbar Dif- fuse im Gesamteindruck, sondern aus dem Aufge ben allen willensmäßigen Gestaltens. Das Thema ist nicht mehr objektivierter, vielmehr absolut ver- innerlichter Gegenstand, es setzt keine dialekti- schen Prozesse mehr in Gang, weil es nicht mehr in Auseinandersetzungen durchdacht wird. Zwi- schen ihm und dern Künstler scheinen keine Rei- bungspunkte mehr zu liegen und damit auch nichts, was die Gestaltung in bestimmter Rich- tung "vorantreibt-i. Hier ist ein wahrhafter Endpunkt, der eigent- lich schon einer "künstlerischen" Selbstaufgabe gleichkommt. Mit dem Gegenständlichen des The mas hört auch sein "Widerständlichesu auf; die Form dieser Passionsbiider ist selbst eine zutiefst passive, das zeigt sich nicht allein im Aufgeben der aktiven und bestimmten Linie, sondern mehr noch in ihrer Ablösung durch ein Hell-Dunkel von besonderer Lichthaftigkeit. Man muß hier von ei- ner Auflösung der Form im positiven Sinne spre chen. W. Pinder hat für den Manierismus das Wort von der "auferlegten Forma geprägt"), also von Kunst, die über dem Model einer fremden Diktion geformt ist. in viel weiterem Sinne haben Michel- angelo und Greco in ihrer spätesten Zeit die Aufla- ge der "Forma überhaupt abgestreift. In dieser letzten Phase, die alles Beiwerkhafte verliert und so gesehen eine Lossagung von den Normen der Kunstsprache und der Verbindlichkeit des Zeitsti- les ist, entsteht eine Reduktion alles Erzanleri- schen und Berichtenden auf eine reine Zeichen- haftigkeit hin. Die Gebärdenformel kommentiert nicht Ereignis und Bildinhalt, sie wird identisch mit ihnen. Damit hängt zusammen, daß es den Ge- gensatz von innen und außen nicht mehr in den Fi- guren gibt, sie sind in gewissem Sinne "durchsich- tig". Das heißt: in Spätwerken treten Tendenzen, oder besser, Grundkonstanten der Gestaltungs- weise hervor, die im ganzen Werk schon von An- fang an wirksam, in den frühen Phasen der Ent- wicklung nur durch andere, genetisch gesehen se kundäre Gestaltungselemente überlagert waren. Wenn die Schwere bei Michelangelo stets, in wel- cher dialektischen Umwandlung auch immer, wirk- sam war, so ist das kontrapostlose und in sich be wegungslose Herabsacken des Körpers Christi letztlich das reinste und adäquateste Thema für diese Grundvoraussetzung seiner Kunst - eine Schwere, die sich in dem zusammengekauerten Stehen und dem Zusammenklumpen der Formen in der Zeichnung mit der Muttergottes genauso ausdrückt (Abb. 9). Bei Greco gibt es das anschau- lich genau entgegengesetzte, als Vorgang und Tendenz aber ganz ähnliche Freiwerden solcher Grundkonstanten: bei ihm tritt in reiner Form her- vor die flackernde, unkörperliche Zerdehnung der Form in der Fläche, nicht einfach ein Leichtwer- den oder ätherisches Sich-Auflösen, sondern ein mit größter Energie erfülltes Aufleuchten, besser noch: ein Aufflammen der Gestalt; ein Vorgang, in dem die Gegenstände extrem unhaptisch, unkor- perlich, aber als Flachenformen von höchster Be weglichkeit sind. Stets hat man diese flammen- hafte Form als charakteristisch in Grecos Malerei empfunden, aber merkwürdigerweise nie mehr darin erkannt als eine bloße Metapher für die allgemeine Beschreibung. Dieses eigenartige, absolut dominierende Element verlangt aber, in ganz anderer Weise ernst genommen zu werden; denn als nur uneigentliche und oberflächlich "ex- pressiv-t verstandene Methapher leistet es nicht mehr, als es die gängige Auffassung von Grecos Subjektivismus ohnehin vermochte. Die Eigenart des Flammenhaften bestimmt nicht nur die Einzel- gestalt, sie schlägt sich nieder in der Flächen- struktur des gesamten Bildes, im Kleinsten genau- so wie in der Großform, und bleibt da- bei eben vollkommen unabhängig von der iiobjek- tivenii Eigengestalt der Gegenstände. Gleichgültig, ob man ein Stück des Himmels, des Lendentuches in der Kreuzigung (Abb. 7) oder des hl. Sebastian (Abb. 10) nimmt, in allem ist als Grundform des gesamten Aufbaus eingelagert die flammenförmige Einzelfläche, die ohne räumliche Ausdehnung als reine Flächenform ein züngeln- des, fiackerndes und im plötzlichen Richtungs- wechsel unerhört bewegliches Biidmuster er- zeugt. Damit ist aber schon der Anfang zu einer "Theorie" der Grecoschen "Macchia" gelegt, denn die kleinsten farbigen und formalen Elemente ei- nes Bildes erlauben, richtig gedeutet, manchmal sehr tiefreichende Schlüsse über die formale Seite hinaus". Diese kleinsten, nicht weiter zerlegbaren und daher auch nicht weiter ableitbaren Elemente sind bei Greco die Farbflecken in flammenförmi- ger, zerrissener, wogender Gestalt. Nichts berechtigt mehr, hier nach der Bedeutung solcher Farbflecke zu fragen, als jene Bemerkung in Pachecos "Ei Arte de la Pinturaii, wo er etwas ratlos und in deutlicher Mißbilligung feststellt: "Wer würde glauben, daß Dominico Greco so hau- fig zu seinen Bildern zurückkehrte und sie wieder und wieder überging, mit dem Ergebnis, daß er sei- ne Farben scharf abgesetzt und unverbunden ließ, so daß sie wie brutale Farbkleckse (crueles borro nes) aussehen, die Kraft zur Schau tragen sollen?" In einem Bild wie der "Verkündigung-i in Lugano, kurz vor 1600 entstanden (Abb. 12), schlägt die flammenförmige Grundformi? an jeder Stelle In stärkerer oder schwächerer Unmittelbarkeit durch. Was bedeutet sie? 1. ist sie die unstatische Form schlechthin, und das hat seine Ursache In der unablasslgen Bewe 9
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