einen Bibeldruck von so grossartiger Wirkung, wie wir ihn seit Luthers
Zeit nicht mehr gehabt haben.
Ich komme nun zu den neuen Erzeugnissen der Rudhardischen
Giesserei in Offenbach am Main, die ausser mehreren vortrefflichen
Neuformungen älterer Schriftarten seit dem vorigen Jahre mit drei
künstlerischen neuen Schriften auf den Plan getreten ist: mit der „Walthari"
von Heinz Koenig und mit den nach den entwerfenden Künstlern
genannten Schriften „Eckmann" und „Behrensfi Alle drei Schriften sind im
Charakter der „deutschen" Schrift gehalten, ohne an die verschnörkelten
Züge der Fractur anzuknüpfen.
Die „Walthari" von dem Schriftzeichner Heinz Koenig in Lüneburg steht,
wenn man sie in die bekannten Schriftarten einreihen will, mit ihrem breiten,
runden Ductus der Schwabacher am nächsten. Es ist eine wohlgebildete Buch-
schrift von kräftig schwarzer Wirkung, in ihren einzelnen Typen gut ausge-
glichen und infolge der Breite der Buchstaben leicht lesbar, nur in einzelnen der
Versalien noch zu sehr verschnörkelt. Wie schön die Typen der „Walthari"
zu einander stehen, ein wie ebenmässiges Satzbild sie ergeben, sieht man
an der kleinen Schrift „D.]ohann Dietenbergers Bibeldruck" von Dr. Friedrich
Schneider. Dieses Büchlein mit seinen wenigen Quartseiten ist ein typogra-
phisches Cabinetstück von grossen Feinheiten. „Es bietet", wie es in dem Vor-
wort heisst, „Freunden der Druckkunst im begrenzten Rahmen das Beispiel
einer streng geschlossenen Druckanordnung im engen Zusammenhang mit den
bildlichen Beigaben, unter Wahrung des Farbenwertes zwischen Satz und
Bild". Nach den Angaben Heinrich Wallaus, des kunstsinnigen Mainzer
Typographen, und unter Mitwirkung des Inhabers der Rudhard'schen
Giesserei Karl Klingspor ist das Büchlein in der Rudhard'schen Giesserei
gesetzt und bei Schirmer 8: Mahlau in Frankfurt am Main gedruckt worden.
Die Type ist, wie schon gesagt, die Walthari, die Bilder sind die Holzschnitte
und Initialen aus der Dietenbergefschen Bibel vom ]ahre 1534. Wie der
Titel gesetzt ist, wie die Zeilen angeordnet, wie die Bilder eingefügt sind,
wie der Satz ausläuft, wie die Anmerkungen und die Seitenzahlen gestellt
sind, das alles zeugt von einem erlesenen Geschmack, der sich an unseren
besten Drucken aus der Gothik und Renaissance geschult hat. Die Holz-
schnitte sind bald in die Mitte der Seite, bald an den oberen Rand, bald oben
und unten, immer so eingestellt, dass die Bilder auf den zwei gegenüber-
stehenden Seiten sich entsprechen. Die erläuternden Beischriften sind mit
grossem Geschick über, unter oder zwischen die Bilder gesetzt, jedesmal
so, dass das geschlossene Bild der Seite dadurch am wenigsten unterbrochen
oder gestört wird. Der Textsatz zeigt keine Unterbrechung durch Absätze,
sondern ist fortlaufend gesetzt. Die Absätze sind sehr hübsch und durchaus
genügend durch ein Spatium und ein kleines Zierstück in Form einer Blume
markirt. Nach ihrem alterthümlichen Charakter wird die Walthari-Schrift
ebenso wie die Hupp'sche Schrift in wissenschaftlichen Büchern ihre beste
Verwendung finden (Abb. S. 79).