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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 2)

einen Bibeldruck von so grossartiger Wirkung, wie wir ihn seit Luthers 
Zeit nicht mehr gehabt haben. 
Ich komme nun zu den neuen Erzeugnissen der Rudhardischen 
Giesserei in Offenbach am Main, die ausser mehreren vortrefflichen 
Neuformungen älterer Schriftarten seit dem vorigen Jahre mit drei 
künstlerischen neuen Schriften auf den Plan getreten ist: mit der „Walthari" 
von Heinz Koenig und mit den nach den entwerfenden Künstlern 
genannten Schriften „Eckmann" und „Behrensfi Alle drei Schriften sind im 
Charakter der „deutschen" Schrift gehalten, ohne an die verschnörkelten 
Züge der Fractur anzuknüpfen. 
Die „Walthari" von dem Schriftzeichner Heinz Koenig in Lüneburg steht, 
wenn man sie in die bekannten Schriftarten einreihen will, mit ihrem breiten, 
runden Ductus der Schwabacher am nächsten. Es ist eine wohlgebildete Buch- 
schrift von kräftig schwarzer Wirkung, in ihren einzelnen Typen gut ausge- 
glichen und infolge der Breite der Buchstaben leicht lesbar, nur in einzelnen der 
Versalien noch zu sehr verschnörkelt. Wie schön die Typen der „Walthari" 
zu einander stehen, ein wie ebenmässiges Satzbild sie ergeben, sieht man 
an der kleinen Schrift „D.]ohann Dietenbergers Bibeldruck" von Dr. Friedrich 
Schneider. Dieses Büchlein mit seinen wenigen Quartseiten ist ein typogra- 
phisches Cabinetstück von grossen Feinheiten. „Es bietet", wie es in dem Vor- 
wort heisst, „Freunden der Druckkunst im begrenzten Rahmen das Beispiel 
einer streng geschlossenen Druckanordnung im engen Zusammenhang mit den 
bildlichen Beigaben, unter Wahrung des Farbenwertes zwischen Satz und 
Bild". Nach den Angaben Heinrich Wallaus, des kunstsinnigen Mainzer 
Typographen, und unter Mitwirkung des Inhabers der Rudhard'schen 
Giesserei Karl Klingspor ist das Büchlein in der Rudhard'schen Giesserei 
gesetzt und bei Schirmer 8: Mahlau in Frankfurt am Main gedruckt worden. 
Die Type ist, wie schon gesagt, die Walthari, die Bilder sind die Holzschnitte 
und Initialen aus der Dietenbergefschen Bibel vom ]ahre 1534. Wie der 
Titel gesetzt ist, wie die Zeilen angeordnet, wie die Bilder eingefügt sind, 
wie der Satz ausläuft, wie die Anmerkungen und die Seitenzahlen gestellt 
sind, das alles zeugt von einem erlesenen Geschmack, der sich an unseren 
besten Drucken aus der Gothik und Renaissance geschult hat. Die Holz- 
schnitte sind bald in die Mitte der Seite, bald an den oberen Rand, bald oben 
und unten, immer so eingestellt, dass die Bilder auf den zwei gegenüber- 
stehenden Seiten sich entsprechen. Die erläuternden Beischriften sind mit 
grossem Geschick über, unter oder zwischen die Bilder gesetzt, jedesmal 
so, dass das geschlossene Bild der Seite dadurch am wenigsten unterbrochen 
oder gestört wird. Der Textsatz zeigt keine Unterbrechung durch Absätze, 
sondern ist fortlaufend gesetzt. Die Absätze sind sehr hübsch und durchaus 
genügend durch ein Spatium und ein kleines Zierstück in Form einer Blume 
markirt. Nach ihrem alterthümlichen Charakter wird die Walthari-Schrift 
ebenso wie die Hupp'sche Schrift in wissenschaftlichen Büchern ihre beste 
Verwendung finden (Abb. S. 79).
	        
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