ETTBEWERB FÜR KIRCI-ILICHE KUNST. Auch auf dem Gebiete
der kirchlichen Kunst regen sich, seit dem Versuche Otto Wagners, Bestrebungen,
von einer driickend gewordenen Schablone endlich loszukommen. Die liturgischen Gesichts-
punkte sind, wie sich immer mehr zeigt, mit den praktischen oft ganz gut zu versöhnen.
Bei der jüngsten Preisbewerbung des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht, um
eine „einfache Pfarrkirche" und
um ein Reliquiar zur Aufbewah-
rung eines Craniums, ist dies klar
zutage getreten. Das Kirchenpro-
blem wurde sogar in sehr befrie-
digender Weise gelöst, wenn
auch manche Fragen einstweilen
noch offen bleiben. So die Frage
des heiligen Grabes in der Krypta
unter dem I-Iochaltar, deren
Lösung davon abhängt, ob der
Baldachin mit hinunter getragen
werden muss, oder bloss die
Monstranz. Auch für den Kreuz-
weg ist das Richtige noch nicht
gefunden, wenngleich ganz glück-
liche Gedanken auftauchten, zum
Beispiel die Verlegung desselben
nebst dem heiligen Grabe in einen
Vorhof (Dorfmeister), der aber
allerdings am Kostenpunkt schei-
Klara Aubert, Polster, ausgeführt von Karl Giani jun. tene" Die drei gleichen Preise zu
xooo Kronen fielen den Herren
Leopold Bauer, Wunibald Dei-
ninger und]. Zasche (Prag) zu. Die Entwürfe sind sehr verschieden, und zwar schon, weil
das Ministerium nicht etwa eine Art Normalkirche erzielen wollte, sondern den Bewer-
bern die Aufgabe stellte, sich Ort und Verhältnisse frei zu wählen. Bauers Kirche für
eine Landstadt, um 400.000 Kronen herstellbar, ist ein einfacher, aber durch hohen Aufbau
und innen durch Anwendung von Beton-Eisenkonstruktion dennoch imponierender
Bau mit einem in drei Stufen abschliessenden Turm. Die Wände ganz in weissem
Rauhputz, innen mit mannshoher Marmorverkleidung gegen das Abfärben, aussen mit
einigen senkrechten Zierstreifen aus schwarzen und rothen Ziegeln. Im Innern fällt es
auf, dass die Hauptbinder der Dachkonstruktion mit gebogenen Trägern tief herabreichen
und somit die Mauern wesentlich entlasten. Die Kreuzwegstationen sind in den Putz ein-
gelassene Mosaikbilder, die Apsis mit faltigem Stoff bekleidet, Kanzel und Hochaltar für
jeden sichtbar, die Fenster dem Beleuchtungszweck entsprechend, also weiss, wo ein
Altarbild oder Fresko zu beleuchten ist, das heilige Grab unter dem Eingang angebracht,
nicht naturalistisch, sondern aus schwarzem Granit. Der Deiningefsche Entwurf einer
Dorfkirche im Gebirge nähert sich dem dort schon bestehenden Typus, der sich ja aus
den lokalen Bedingungen entwickelt hat. Material Stein und Holz, das Dach hoch, der
Turm mit hohem, achteckigem Helm, Neues nur in Einzelheiten vorhanden. Der Innen-
raum durch die Monierdecke breitgewölbt, die Taufkapelle im Turm nach aussen stärker
gekennzeichnet, was einen besonderen Zug bildet. Zasche bestimmt seine Kirche für die
rauhe Gegend des Isergebirges, was gewisse Besonderheiten bedingt, so den geschützten
Kreuzweg um das Chor. Im allgemeinen schliesst er sich den alten Landkirchen an, die
so poetisch wirken können. Das Äussere bildet eine recht malerische, unsymmetrische
Gruppe, die sich im weissen Rauhputz mit dem getriebenen Kupferblech der ornamentalen