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ferner die Ehrung Da-
vidslinks, die des Elisae-
us rechts. Die Bilder
sind rnit der Feder ge-
zeichnet; auf den ersten
I0 Seiten der Hand-
schrift erscheint zu-
meist dünn aufgetra-
gene, manchmal aber
auch ziemlich kräftig
angelegte Kolorierung;
die Lichter werden aus-
gespart. Die schlanke,
auch überschlanke Dar-
stellung des Körpers
entspricht dem Schön-
heitsideale der Zeit. Das
Streben nach individua-
lisierender Gestaltung
der Köpfe ist von glück-
licherem Erfolge beglei-
tet. In dieser Hand-
schrift der Armenbibel
haben wir das Glied
einer Kette vor uns, das
sich an manche Vor-
Schriften über Musik (cod. 5x) gänger früherer Jahr_
hunderte anschliesst,
dem sich noch eine stattlicheAnzahl ebensolcherGlieder anreihen sollte; man
weiss ja, welche Rolle die Armenbibeln in der Geschichte der Blockbücher
spielen.
Während die kirchliche Kunst sich in der angedeuteten Weise auf reiche
Tradition stützen konnte, war die Profankunst auf frei schaffende Phantasie
angewiesen. Ein Blatt aus einer gräflich Zimmerdschen Handschrift (cod.
2914), Wolframs Parzival enthaltend, mit der Darstellung: „Wie frouwe
herczeloide irren sun parcifalen in einem walde zoch" dient als Beleg dieser
mehr handwerksmässig in grösseren Schreiberwerkstätten geübten Illustra-
tionskunst. Auch abgesehen von gewissen Einzelheiten, zum Beispiel den
übergrossen Köpfen und starren Kugelaugen, zeugt die Auffassung der ganzen
Szenerie von unverkennbarer Naivität.
Neben dem eben erwähnten und ähnlichen Manuskripten aus dem letzten
Jahrhundert des Mittelalters besitzt aber die Hofbibliothek auch aus den
zentraleuropäischen Schreibschulen Bilderhandschriften, die zu dem
Köstlichsten gehören, was die Miniaturmalerei überhaupt aufzuweisen hat.