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von dem Wiener Hofmaler
Johannes Sachs, vollendet
wurde. So stellt sich diese
Handschrift als ein Denk-
mal der Wiener Buch-
malerei, wie sie sich um
die Wende des XIV. und
XV. Jahrhunderts entwik-
kelt hatte, dar, und zwar
als eines der wichtigsten
und charakteristischesten,
die auf uns gekommen sind.
Die Formensprache steht
auf der nämlichen Höhe,
wie bei dem Evangeliar
des Johannes von Trop-
pau. Die Ornamentik, die
sich vor die Aufgabe ge-
stellt sieht, den ganzen
von den zwei Textkolurn-
nen freien Raum zu
schmücken, zeugt von rei-
cher Phantasie: ihr dient
Blatt- und Blumenwerk,
üppiges Geranke, Darstel-
lung exotischer Tiere
u.s.w.Dief1guraleDarstel- ,_ .
lung in Initialfüllungen und Am„,bn,.1(cod_ „W
Medaillons zeichnet sich
durch feine Individualisierung, gute Modellierung und sorgfältige Beobachtung
der Verhältnisse aus. Die sauber gezeichneten architektonischen Hinter-
gründe verraten gutes Raumempfinden. Auf dem reproduzierten Blatte
verdient besonders die untere Leiste Beachtung. Im mittleren Medaillon
sieht man die Darstellung des Messopfers, in den beiden Seitenmedaillons
Herzog Albrecht und seine Gemahlin, die der heiligen Handlung beiwohnen.
Dass die gute Tradition in Innerösterreich nicht erlischt, dafür zeugt ein in
den Sechziger-Jahren hergestelltes Elementarbuch, das wahrscheinlich von
dem Wiener Bürger und Dominikaner Stefan Heyner dem Prinzen (späteren
Kaiser) Maximilian I. geschenkt wurde (cod. 2368!). Das in die Initiale P ein-
gefügte Bild zeigt den Prinzen beim Studium. Den Text (Alphabet und Anfang
des Vaterunsers) umrahmt zierliches stilisiertes Geranke im Renaissance-
Geschmack, und es liegt nahe, von diesem Randschmuck, den der Prinz so
oft vor Augen hatte, eine Brücke zu schlagen zu jenem, mit dem Meister
Dürer und seine Genossen das berühmte Gebetbuch Maximilians illustrierten.