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Die Bereitung des Weines.
die Einwirkung der Luft zu vermindern. Es ist dies die schweflige
Säure. Die Fässer werden eingebrannt, wenn sie leer bleiben, um das
Schimmeln derselben zu verhindern, und wenn sie gefüllt werden, um
die Bildung von Kahm-, Essig- und anderen Pflänzchen abzubalten.
Ich habe ferner oben angeführt, dass durch schweflige Säure die
braunwerdenden Stoffe diese Eigenschaft verlieren; sie werden durch
Einwirkung der Luft nicht mehr braun, auch wenn man die schweflige
Säure entfernt. Die Weine bleiben hierdurch also heller von Farbe;
ausserdem wird ihnen durch diese Säure auch der ganze Charakter des
jungen Weines mehr erhalten. Da im jetzigen Weinhandel vorzugs
weise nur junge, aber fertige Weine verlangt werden, so wird auch die
schweflige Säure ziemlich allgemein angewandt, um die alternde Wir
kung der Luft aufzuheben, oder doch zu vermindern.
Y. Einwirkung der Wärme auf die Entwickelung
des Weines.
Alle Veränderungen des Weines werden wie andere chemische
Processe durch höheren Wärmegrad beschleunigt, durch niedereren
Wäi'megrad verzögert, so dass in vielen Fällen mit niederem Wäimegrad
und längerer Zeit dasselbe erreicht wird, als durch höheren Wärmegrad
und kürzere Zeit. In anderen Fällen treten aber durch zu niederen
oder durch zu hohen Wärmegrad Missstände ein, welche durch die Zeit
nicht ausgeglichen werden können.
Ich habe früher schon darauf hingewiesen, dass der Eothwein bis
auf einen gewissen Grad vergohren sein muss, bevor er von den Trestern
ahgekeltert wird, und dass, wenn der Wärmegrad zu nieder (unter etwa
10° C.) ist, die Gährung zu langsam verläuft, der Wein aber während
der langen Zeit der Gährung eine grosse Menge der sogenannten Ex-
tractivstoffe auflöst, die später unlöslich werden, und einen, zuweilen
den grösseren Theil des Farbstoffes herausfällen, so dass man nach eini
gen Jahren einen braunen statt rothen Wein erhält x ). . Ein guter und
zugleich genügend gefärbter Eothwein, der besonders nicht immer wie
der trüb wird, ist deshalb bei kaltem Spätjahr nur zu erhalten, wenn
die zerstampften Trauben erwärmt werden oder die Gährung in einem
geheizten Local stattfindet 2 ).
Liebig hat seinerzeit empfohlen, nach Analogie der untergähngen
Biere auch die Weine bei niederem Wärmegrad und unter freier Ein
wirkung der Luft vergähren zu lassen. Eine Eeihe von Versuchen
1) Für betreffende Versuche s. Kessler, Behandlung d. Weines 24.
2) Nach dem Druck obiger Zeilen fand ich, dass vorzugsweise die Saure
zur Lösung des Farbstoffes beiträgt und dass die Löslichkeit des letzteren,
je nach dem Wärmegrad, ausserordentlich verschieden ist. 8. Wemlaube
Nro. 7, 1876.