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Die grosse Ähn-
lichkeit in der künst-
lerischen Ausstattung,
die zwischen der eben
besprochenen Rene-
Handschrift und einem
gleichfalls herrlich il-
lustrierten, Boccaccios
„Teseide" in französi-
scher Übersetzung ent-
haltenden Manuskript
(cod. 2617) obwaltet,
ist unverkennbar.
Schon vom Stand-
punkt rein ästhetischer
Würdigungnehmen die
beidenManuskriptezu-
sammen eine ganz be-
sondere Stelle ein. Die
Leistungen des Mei-
, b wbbgbhbwbvb b b b sters, der in der
Song: du Pastourel (cod. 2556) BoccaccichHandschrift
die Blätter 14 b, 18 b
und I9, 39, 53, 64 und 102 malte (MeisterAJ, gehören, wie Chmelarz rühmt,
mit den Bildern der Reue-Handschrift zu den „schönsten Leistungen der
Miniaturmalerei aller Zeiten" (Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen,
XIV, 326), und Durrieu nennt die beiden Bilderhandschriften „Monuments
hors ligne de la miniature francaise dans ce qu'elle a cree de plus admirable"
(a. a. O. S. 143). Die jüngsten Forschungen haben sich nun mit Erfolg
bemüht, die Prachthandschrift der „Teseide" ganz in den künstlerisch und
literarisch reich bewegten Kreis, dessen Mittelpunkt Rene bildete, zu rücken.
Der Stoff der von Boccaccio etwa 1341 nach dem Vorbilde der „Aeneis"
Vergils und der „Thebais" des Statius verfassten „Teseide", die Fiammetta dem
Dichter wieder geneigt machen sollte: der Kampf des Theseus mit den männer-
feindlichen Amazonen; seine Heirat mit I-Iippolyta; die Liebe der gefangenen
thebanischen jünglinge Palemone und Arcita zu Emilia, Hippolytas schöner
Schwester; ihr Zweikampf um die Geliebte, der durch Emiliens und des
Theseus Eingreifen unterbrochen wird; das Turnier der berühmtesten Helden
Griechenlands im Theater, wobei Emiliens Besitz den Siegespreis bildet;
der Tod des Siegers Arcita, der sterbend Theseus bittet, Emilia dem Neben-
buhler zu geben - dieser Stoff fand dort fruchtreichen Boden. Dass Renes
sinnige Gemütsart und dichterische Anlage für einen solchen Roman
empfänglich war, steht ausser allem Zweifel. Hierzu kommt, dass der
bedeutendste französische Prosaiker des XV. Jahrhunderts, Antoine de la