„Chief des Lorrains, membre du lis de France,
Duc compille en seve de noblesse,
Rollant en cueur, Olivier en vaillance,
Hector en fais, Lancelot en prouesse,
Paris en corps, Ponthus en hardiesse,
Tristan en bruyt, David en verite,
Vray Salomon, Alexandre en largesse,
Jesus vous doint vivre en prosperite"
gibt das Leitmotiv nicht nur für die zweite, sondern noch für eine Reihe
folgender Strophen an.
Wichtiger als diese Art literarischer Tätigkeit ist die Frage, ob der
Autor an dem sehr beachtenswerten illustrativen Schmucke der Arbeit
teilgenommen habe. Diese Frage kann in gewissem Sinne bejaht werden.
Betrachtet man das Titelbild, so denkt man unwillkürlich an die Bühnen-
dichtungen Priers; er hat die mise en scene offenbar ganz vortrefflich
verstanden, und dieses sein Verständnis wohl auch bei der Illustration des
Werkes, die, wie wir meinen, nach seinen Angaben erfolgte, praktisch
verwertet. Die vortreffliche Darstellung von Schlachten, die ungemeine
Lebendigkeit, welche sowohl ländliche Szenen (mit dem „Pastourel") wie
auch die Diskussionen des Burgunders mit dem Tode auszeichnet, und nicht
zuletzt, wie bemerkt, das Dedikationsbild, sind hiefür Belege. Es liegt nahe,
anzunehmen, dass hier der kniende Verfasser dem in reichen Kleidern vor
ihm stehenden Herzoge die Verse rezitiert, die sich auf den Inschriftentafeln
finden. Man beachte die Pose des Herzogs, der den Wurfspiess in der Hand
hält, sowie die Personen des Gefolges, die sich mit dem im Vordergrunde
dargestellten Vorgange beschäftigen. „Diese Figuren," bemerkt Waagen in
seiner Beschreibung a. a. 0., II, 86, „sind mit der Feder zart und meisterlich
gezeichnet und in Aquarell so leicht angetuscht, dass die Köpfe und die
Luft gar nicht davon berührt werden und auch sonst das Pergament in den
Lichtern überall durchschimmert. Die Gewänder, in der Art wie bei Memling
geworfen, sind in den Lichtern in feiner Weise mit Gold gehöhet, das Grün
sowohl bei ihnen als in den Landschaften saftig."
Die aquarellierten Federzeichnungen unserer Handschrift - auf jeder
der 69 Seiten findet sich ein Bild - zeugen von nicht allzureicher Palette,
aber sie erzählen, wie aus der vorgelegten Probe ersichtlich, ganz vortrefflich,
sind voll Leben und Eleganz und stehen auch in Handhabung der Perspektive
auf der Höhe der Zeit, Beginn des XVI. Jahrhunderts. Das Gedicht selbst
dürfte in den beiden letzten Jahrzehnten des XV. Jahrhunderts entstanden
sein. Dass wir in der Wiener Handschrift das Dedikationsexemplar vor uns
haben, ist nicht anzunehmen.
Die illustrierten Werke älterer Geschichte, namentlich die Über-
setzungen alter Autoren in der französischen Sektion unserer Ausstellung
geben Anlass, auf eine Bemerkung zurückzugreifen, die bei Erläuterung des
Bildes des Amazonenkampfes in der Teseide-Handschrift gemacht wurde.
Unter den mittelalterlichen Historikern und Übersetzern altklassischer