MAK

Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 6 und 7)

lungsplatz für Ledersopha, Tisch- und Klubfauteuils. 
Besonders liebevoll wurde die Kaminpartie behandelt. Nach englischem Muster ist sie 
kojenartig eingebaut und hat ihre eigene Wandbehandlung mit graugrünen Kacheln, in die 
farbige Rundfenster und als stattliches Mittelstück der Kamin mit seinem dunklen Kupfer- 
mantel eingepasst sind. Das Braunrot des Kupfers hat noch einen besonderen Schmuck 
durch aufgelegte durchbrochene schwarze schmiedeeiserne Ornamente, die sich bei 
näherem Zusehen als japanische Schwertstichblätter entpuppen. Tiffany hat diesen dank- 
baren Schmuck an seinem Kamin schon früher angewendet. Man sieht, der Raum ist nicht 
sehr erfinderisch, sondern eklektisch von einer sicheren, das Bewährte klug nachzeich- 
nenden Hand errichtet. 
Wenn man nun die Einzelstücke aus dem Zusammenhange, aus der Ensemble- 
wirkung löst, so sind die grösseren Möbel gar nicht einmal "so gelungen. Die Kupfereinlagen 
in den grauen Schränken zum Beispiel sind viel zu massiv, und gehen nicht selbstverständ- 
lich genug in ihrem Holzrahmen auf. 
Noch deutlicher wird diese Mischung - guter Ensembleeindruck und mässige 
Qualität der Details - bei dem Esszimmer von Friling. Hier ist der Zusammenhang der 
einzelnen Einrichtungsstücke aufs peinlichste gewahrt, alle Schrankmöbel, Kredenzen, 
Barden wachsen aus dem Paneel heraus. Aber die so gut placierten Möbel sind an sich 
nur massig. Sie bemühen sich, in Streben und Pfeilern für die Bedachung der Kredenzen 
konstruktiven Bau zu zeigen, aber die Sprache dieser Konstruktion in ihrer spärlichen 
Magerkeit, ihren gedrehten, ausgezogenen Formen hat etwas Kraftloses, Schwankendes; 
sie überzeugt nicht, sie wirkt unecht. 
Neben solchen Eklektikern des Neuen gibt es Eklektiker des Alten. Honold variiert 
einen Raum in der Empiretonart. Er ist recht nach der Kunst, wie aus dem Musteratlas, 
mit Bronze, Mahagoni und Kristall und dabei völlig seelenlos. Das liegt nicht an dem Stil, 
sondern an dem Kopisten. Aus dem neu erwachten starken Interesse für Innenkunst 
und der eindringlichen Beschäftigung mit ihr ergibt sich ein neues verfeinertesVerständnis 
für die Stile der Vergangenheit. Ein schablonenmässiges Imitieren kann man heute weniger 
als je vertragen. In einem alten Stil soll sich nur der versuchen, der mit nachfühlendem 
Temperament sich in die Welt von einst versetzen kann und der aus seinem Wesen heraus 
ein Altes noch einmal neu schafft. Solch Temperament für die Gotik hat Melchior Lechter, 
solch Temperament für Empire hat HeinrichVogeler. Solch Temperament hat Honold nicht. 
Auch Kuhnerts in der technischen Arbeit gut gelungenes pompejanisches Zimmer 
ist eine glatte, frostige Stiletude. Mit seiner Wandmalerei a la Casa dei Vetii, mit seinen 
zierlichen Intarsien, seinen Kaminmosaiken ist es ein rhetorisches Ausstellungsstück ohne 
intime Wirkung. 
Allen diesen unpersönlichen Werken gegenüber steht eine Persönlichkeit. Sie 
erweckt aber nur Heiterkeitserfolg und ihr renommistisches Originalgeniegebahren ist 
unerfreulicher und auch gefährlicher als die unmarkante Neutralität der anderen. Das ist 
der Architekt Biberfeld, der sich an derselben Stelle schon im vorigen Jahre mit einem 
schwülstigen „MussezimmeW produzierte. Das Gemach, das er sich diesmal ausgedacht, 
ist noch abstruser geraten. Auffallen, besonders sein um jeden Preis, ist die Parole. 
Eine Entschädigung für die mangelnde dekorative Ausbeute in der lnterieurabteilung 
liefert diesmal die Ausstellung der Plastik. Einen ausserordentlichen Künstler lernen wir 
hier kennen, Pietro Canonica aus Turin. Eine starkgestaltende Hand und einen erlesenen 
Geschmack hat dieser italienische Bildhauer. Er ist ein Nachkomme der grossen Quattro- 
centoplastiker. Was wir an dieser Kunst so sehr bewundern, was uns an den Büsten, 
Reliefs und Statuetten aus Marmor, Terracotta, Majolika so bezaubert, die strahlende 
Frische lebendigen Eindrucks und gleichzeitig der dekorative Reiz, die Kunst, aus einem 
Lebensabbild mit leichter graziöser Hand ein Schmuckstück zu bilden, das findet man bei 
diesem Nachfahren überraschend wieder. An die Donatello-Biisten im Bargello zu Florenz
	        
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