flügel zu sehen war (Kam-Nr. 233), der auf den Namen Hendrik Bles getauft ist, jedoch die
grösste Ähnlichkeit mit jenem Gerard David aufweist, der im Jahre 1896 aus Schloss
Laxenburg in die Wiener kaiserliche Gemäldegalerie gekommen ist.
Den Österreicher mag es auch interessieren, aus der jenseitigen Reichshälfte, und
zwar vom Gymnasium zu l-lermannstadt, drei hochbedeutende Gemälde ausgestellt zu
sehen, von denen besonders 2 Memling'sche Altarflügel (Porträts eines Stifters und seiner
Gattin) durch Schönheit des Kolorits und treffliche Erhaltung auffallen.
Ein vorzüglich gearbeiteter, von W. H. James Weale redigierter Katalog leistet den
Besuchern der Ausstellung die besten Dienste. W. Weckbecker
ANDBUCH DER KUNSTGESCHICHTE VON ANTON SPRINGER.
II. DAS MITTELALTER. Inkeine besserenI-lände konnte die Neubearbeitung
des II. Bandes des Springefschen Handbuches gelegt werden, als in die Joseph Neuwirths,
der als Kenner des Mittelalters, vor allem des deutschen, eine anerkannt hervorragende
Stellung einnimmt. Das Buch eines anderen neu herauszugeben, es umzuarbeiten, mit
Zutaten zu versehen, veraltetes oder in den Hintergrund des Interesses Getretenes auszu-
scheiden und dabei die Pietät gegen den Vorgänger nicht zu verletzen, seine wissenschaft-
liche Stellung zu wahren und doch auch die eigene nicht zu verleugnen, ist eine schwierige
Aufgabe. schwerer oft, als den Gegenstand neu und selbständig zu behandeln. Es gehört
viel Selbstverleugnung dazu, aber auch eine grosse Unabhängigkeit des Geistes. Neuwirth
hat sein Amt trefflich erfüllt. Seine umfassenden Arbeiten kamen ihm hierbei bestens zu
statten; denn viele der Schätze der mittelalterlichen Kunst, welche Österreich in so
reicher Fülle bietet, hat Neuwirth teils gehoben, teils in neues Licht gerückt und so konnte
er das Buch in vielen Beziehungen wesentlich bereichern. Die Forschungsergebnisse,
welche andere, so Wilpert, Strzygowski, Venturi, janitschek, Dehio, Bezold, Gurlitt u. v.a.
im letzten Jahrzehnt zu Tage gefördert haben, hat Neuwirth gewissenhaft benützt. Die
Ausstattung des Werkes ist vorzüglich. Lg.
AÜL BÜRCKS ORNAMENT 1902.: Das Werk, das uns eine lange Reihe von
Zierformen ausgesprochener Eigenwilligkeit verführt, ist der Hauptsache nach
offenbar durch Zufallswirkungen entstanden. oder doch stark durch sie beeinilusst. Die
Mehrzahl der vorhandenen Motive gehören den Strang- und Plattenformen an, wie wir die
gestreckten Züge und ihre kürzeren, blattähnlichen Ansätze oder Verbreiterungen am ein-
fachsten bezeichnen können. Die in unendlicher Abwechslung möglichen Verschlingungen
undVerstrickungen solcher Grundzüge lassen eine insEndlose sich verlierendeVielgestaltig-
keit der Ornamente zu. Friesartige Gebilde zeigen alle Eigentümlichkeiten, wie sie durch
die Multiplikation der genannten Elemente oder Gruppen solcher vermittelst des Doppel-
spiegels oder desBauspapiers hervorgerufen werden können; ebenso Bandornamente, wie sie
durch rhythmisch sich wiederholende Teile, mit einer Symmetrieachse in der Längs-
richtung, entstehen. Ein in entsprechendem Kurvenzug verlaufendes Bündel der genannten
Elemente wird durch seine symmetrische Verdopplung (mit der Konkavität gegen die Achse
gekehrt) zum„Rahmen", insofern dadurch eine noch unbedeckte Fläche eingeschlossen wird.
Motive mit und ohne Symmetrieachse in Zusammenstellungen von Dreiecken, Rauten,
Schuppen u. s. w. geben endlose Muster in Fülle; an Rosetten verschiedener Teilung ist
durchaus kein Mangel, und alle, alle diese Gebilde sind geeignet, durch Zauberspiegel-Kunst
ins Endlose umgewandelt und wiederbenützt zu werden. Die blattähnlichen Flächen zeigen
sich oft vegetabilischer Form nähergebracht durch konkave Zahnbogen an einer Seite, doch
finden sich auch solche, die mit eckigen, zinnenartigen Ausschnitten versehen sind. Bei
anderen wieder ist eine strangförrnige Verlängerung eines Zipfels involutiert, mehrere
solcher Flächen ineinanderverschränkt oder in schraubenartigen Windungen durcheinander-
gezogen, u. s. w. Die Stränge finden sich oft bündelweise, wie die Linien der Notensysteme
" Neuer Kunst-Verlag von Otto Schulz: in Darmstadt.