MAK

Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 8 und 9)

des einen oder des anderen nur 
Zufall und Willkür entscheiden. 
Ausserdem ist der allgemeine 
Charakter des deutschen Kunst- 
handwerkes durch Zeitschriften, 
Ausstellungen, und den immer 
mehr um sich greifenden Export 
seit Jahren genügsam propagiert 
worden, um als bekannt voraus- 
gesetzt werden zudürfen. Schliess- 
lich ist das deutsche Kunst- 
gewerbe von vornherein so 
zielbewusst in die Bahn der 
Moderne instradiert worden, dass 
auch seine jüngsten Darbietungen 
keine wesentlich bedeutsamen 
Überraschungen bereiten. So 
glaube ich, mich auf zwei erfreuliche Konstatierungen beschränken zu 
dürfen: erstens, dass die Königlich Preussische Porzellanmanufaktur in 
Berlin, die in Paris mit den sehr unsicheren Schritten des Anfängers -- 
manche hatten gemeint, mit greisenhafter Hilflosigkeit - die moderne 
Richtung betreten hatte, nunmehr mit stolzer Zuversicht den neuen Weg 
geht, dabei, wie es der alten ehrenreichen Staatsanstalt und dem vornehmen 
Materiale ziemt, alle gewagten Seitensprünge ins Gebiet des irgendwie 
Exzentrischen klüglich meidend; zweitens, dass die deutsche Sektion es 
gewagt hat, ein bislang allerorten als Stiefkind behandeltes Gebiet des Kunst- 
handwerkes, meines Wissens zum erstenmale in eine ernste internationale 
Kunstgewerbeausstellung einzubeziehen - die Frauenkleidung. Freilich 
kann die Freude über das endliche Aufgeben der philisterhaft engherzigen 
Ansicht, die man bisher von dem ästhetischen Wert der Kleidung hatte, 
nach dem, was man in Turin zu sehen bekommt, nur eine rein prinzipielle 
sein; die ausgestellten Kleider selbst sind grösstenteils raffinierte 
Geschmacklosigkeiten, die eher danach angetan sind, das alte Privileg der 
Tagesmode zu bekräftigen, als das Gebiet der Damentracht ernster 
künstlerischer Beeinflussung zu erschliessen. 
An die Materialgruppen-Säle reihen sich schliesslich noch einige hübsche 
kleinere Interieurs von Münchener und Stuttgarter Kunstgewerbetreibenden 
(Entwürfe von Berlepsch-Valendas und anderen) und drei von]. M. Olbrich 
möblierte Wohnräume an, die zu den interessantesten Darbietungen der 
ganzen Ausstellung gehören. Olbrich hat hier die mancherlei Exzentrizitäten, 
die man an ihm gewohnt war, vollständig aufgegeben und will lediglich durch 
prononzierte Farbenstimmungen wirken: der erste Raum, ein Wohnzimmer, 
ist dunkelgrau gehalten, der angrenzende Salon eigelb, das Schlafzimmer 
weiss und violett. Dass Olbrich das koloristische Problem glänzend 
 
Ausstellung in Turin, Diadem, entworfen von Philipp 
Wolfers, ausgeführt von Wolfers Freres. Brüssel
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.