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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 8 und 9)

Anfangswerte bildenden Kapital- 
buchstaben, die sowohl in der 
Wiener Handschrift, wie auch 
in den auf Tafel XXXIV und 
XXXVI repräsentierten Initien 
mit „Detulit" auf der ersten 
Kolumne abschliessen.Wir haben 
hier offenbar eine gemeinsame 
Vorlage vorauszusetzen, deren 
edelste, aber wohl nicht älteste 
Nachbildung unsere Wiener 
Handschrift darstellt. 
Aus einer gleich alten, sehr 
ähnlichen Bibelhandschrift, 
welche die Parabolae Salomons 
bis zu den Propheten, sowie das 
Neue Testament enthält und 
gleichfalls aus St. Severin zu Nea- 
pel an die Hofbibliothek kam 
(cod. 1168), ist ein Blatt mit 
Kanonesbogen reproduziert 
worden. Diese Bogen finden sich 
in byzantinischen Handschriften, 
sie kehren in den irisch-angel- 
sächsischen Manuskripten mit 
charakteristischem Zierat ausge- 
stattet wieder und wurden in zentraleuropäischen Schreib- und Malschulen, 
ebenso wie in italienischen nachgeahmt. Der bereits erwähnte Codex der 
Ambrosiana zeigt Anlehnung an die byzantinischen Muster; Feldereinteilung 
auf den Bogen, sowie Band- oder Flechtwerk fehlen. Die vorliegende Probe 
ist vor allem durch übermässige Schlankheit der Säulen bemerkenswert. Bei 
den Bogen selbst und ihrem Schmuck denkt man sofort an die Vorliebe, welche 
irische und angelsächsische Miniatoren für künstliche Verflechtung von 
Spiralen und farbigen Bändern, für Variierung im Schmuck von Einzelfeldern, 
für Anbringung von Vögeln etc. besassen. Auch hier gilt denn, was über die 
Anwendung der eigenartigen Ornamente jener nordischen Schulen kurz vor- 
her bemerkt wurde. 
Die Tatsache, dass Dante Purg. XI, 79 die Miniaturmalerei als Kunst 
bezeichnet: „Che alluminare chiamata e in Parisi", dass also einer der 
sprachgewaltigsten italienischen Dichter zur Bezeichnung einer in seiner 
Heimat viel geübten Kunst einen französischen Ausdruck heranzieht, kann 
leicht missdeutet werden. Frankreich war allerdings zu Dantes Zeit die 
geistige Vormacht in Europa. Unter allen Literaturen war die französische 
die reichste und hervorragendste, an Einfluss, namentlich in Oberitalien, 
 ÄQIIS.V.E2JÄV . 
 
Angevinisches Gebetbuch (cod. x92!) 
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59
	        
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