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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 8 und 9)

mächtigste; der französischen Sprache bediente sich Dantes Lehrer Brunetto 
Latini bei Abfassung seines I-Iauptwerkes, des „Tresor", weil sie „gefälliger 
und allen Leuten bekannt war"; die Pariser Universität war die Hochburg 
der Scholastik, der Summe mittelalterlicher Wissenschaft. 
Die Annahme jedoch. dass Italien auch auf dem Gebiet der Miniatur- 
malerei von Frankreich abhängig gewesen sei, abhängig selbst im sprach- 
lichen Ausdruck für diese Kunst, wäre irrig. Auch abgesehen vom Toska- 
nischen, wo die Leistungen der Malerei bereits in der ersten Hälfte des 
Trecento fast ebenso unabhängige Entwicklung aufweisen, wie die Meister- 
werke der nationalen Literatur, zeigen ja auch andere Schreibschulen, wie 
hervorgehoben wurde, selbständiges Gepräge und, wenn überhaupt fremden 
Einfluss, doch sicher keinen französischen. Worauf Dante hinweisen wollte, 
war nur die ihm bekannt gewordene Blüte der französischen Miniatur- 
malerei, die damals allerdings eine gewisse Superiorität über die anderen 
nationalen Schulen erlangt hatte. 
Gerade im Zeitalter Dantes holt die italienische Kunst zu selbständigem 
Fluge aus, und zahlreiche Zeugnisse lehren, dass der allumfassende Genius 
des Dichters an dieser Bewegung wesentlich teil hatte. 
Freilich ist, soviel auch über „Dante und die Kunst" geschrieben wurde," 
die von ihm speziell auf die Miniaturmalerei geübte Anregung noch nicht 
genügend aufgehellt, denn die genaueste Kenntnis der italienischen Bilder- 
handschriften des XIVJahrhundertS - nicht bloss der illustrierten Commedia- 
Manuskripte - ist hiezu die unerlässliche Vorbedingung. 
Aber wie kaum ein Buch - die Bibel ausgenommen - dem bildlichen 
Kommentar so reich befruchtende Anregung geboten hat als die Comrnedia, 
so war auch der unsterbliche Schöpfer des Gedichtes, der, wie Goethe sagt, 
„das Abstrakteste und Seltsamste gleichsam nach der Natur abgezeichnet vor 
uns sehen" lässt und die Zeichenkunst selbst übte, mit der Kunst und mit 
ihren Vertretern durch innige Beziehungen verbunden. „Der Freundschafts- 
bund, welcher Dante und Giotto verknüpfte, war die Durchdringung der 
beiden die Kultur des italienischen Volkes bestimmenden Ideen - Liebe und 
Schönheitß" Die beiden in ihrem Wirken verwandten Geister haben zur 
SchaffungderRenaissancekultur wesentlich beigetragen;dasistumso sicherer, 
je deutlicher wir erkennen, dass die Kunst, und mit ihr die geistige Kultur 
des Quattrocento „nicht ein Beginn, sondern nur eine höhere Stufe des 
Könnens ist und in innigster Beziehung mit den Bestrebungen und Leistun- 
gen des XIV. und XIII. Jahrhunderts steht"f'""" 
Noch genauer sind wir über die Beziehungen Francesco Petrarcas zur 
bildenden Kunst unterrichtet. Ein erst in allerjüngster Zeit vom Fürsten 
Essling und Eugene Müntz herausgegebenes Monumentalwerkj welches das 
"Volkmann, Ludwig, Iconografia Dantesca, Leipzig, 1897, S. x61 f. (Bibliographie). 
f" Thode, Henry : „Giomw, Bielefeld und Leipzig, 189g (Künstler-Monographien XLIII), S. 98. 
"f Ibid., S. 6. 
T „Petrarque. Ses eludes d'art, son influence sur les artistes, ses portraits et ceux de Laure, Pillustration 
de ces ecrirs." Paris, xgoz.
	        
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