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sie von einem unbekannten Meister nachbilden lassen. Auch die heute
verlorenen Originalmanuskripte seines „Reggimento e costumi di donna"
und seines „Officiolum mortuorum" haben Zeugnis für den „metodo"
geliefert „che pone la figura in servigio del poeta e la poesia in servigio del
pittore a scopo di chiarezza e di bellezza"."'
Wenn auch Francesco da Barberino bei diesem „metodo" einen direkten
Nachfolger in Tommaso di Giunta di Firenze, den Verfasser des „Conciliato
d'Amore" fand" und vielleicht durch einen Meister vom Range Giottos an-
geregt wurde,""" so lässt sich der Einfluss dieses Literaten auf die bildende
Kunst mit dem Dantes und Petrarcas gewiss nicht vergleichen.
Hält man nach Specimina Umschau, welche jenen Einfluss auf dem
uns beschäftigenden Gebiet am sprechendsten dartun, so möchte unter den
illustrierten Commedia-Handschriften der Marcianus Klasse IX, Nr. 276, unter
den Manuskripten der Bibliothek Petrarcas der berühmte, heute in der
Biblioteca Ambrosiana zu Mailand aufbewahrte Vergil-Codex mit dem
Kommentar des Servius hiezu am geeignetsten erscheinen. Die aus der
zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts stammende Dante-Handschrift der
Markusbibliothek, mit Recht unter den Cimelien der berühmten Venetianer
Sammlung in den Schauschränken ausgelegt, ist ganz durchillustriert; die
Miniaturen, gewöhnlichals giottesk bezeichnet, sind sicher florentinisch. Alfred
Bassermann hat in seinem bekannten Dante-Werk? vier Bilder aus der Hand-
schrift reproduziert (Tafel 39-42); die vollständige Publikation dieser
Miniaturen wäre sehr wünschenswert.
Besser sind wir über Entstehung und Eigenart der Mailänder Vergil-
Handschrift, genauer gesagt, über das grosse einleitende Bild unterrichtet,
das Vergil, Servius und Aeneas, ferner weiter unten eine Symbolisierung der
Georgica und Bucolica darstellt. Fürst Essling und E. Müntz haben in ihrem
bereits zitierten Werk über Petrarca (Tafel zu S. 12) eine vortreffliche Nach-
bildung dieser Miniatur veröffentlicht, die nur an dem einen Mangel leidet,
dass sie zwar die Vergil und Servius betreffenden Spruchbänder, nicht aber
die wichtigen, am unteren Rande befindlichen Hexameter bietet: „Mantua
Virgilium, qui talia carmina tinxit Sena tulit Symonem, digito qui talia pinxitWH
Pierre de Nolhac glaubte in der Schrift dieser Spruchbänder mit aller Be-
stimmtheit die Hand Petrarcas wiederzuerkennen. Sicher ist, dass den grossen
Dichter innige Freundschaft rnit dem Senensen Simone di Martino (Simone
Mernmi), dem nach Giottos Tode grössten Maler seiner Zeit, verband; hat
doch Petrarca dem Meister, den er in Avignon kennen lernte, zwei begeisterte
Sonette gewidmet, und auch sonst besitzen wir Zeugnisse für die nahen
Beziehungen zwischen Petrarca und Simone da Siena. Nichts liegt näher
ä Egidi, Francesco: „Le Miniature dei codici Barberiniani dei Documemi d'amore", L'Arle, V, 1902, 5.
H Monaci, Ernesto: „Facsimili di antichi manoscritti", Roma xBBI-xlgz, Tav. 48-56.
r" Egidi, a. a. o.
"i- Dantes Spuren in Italien. Heidelberg, x8g7.
H" Ein vollständiges, aber verkleinertes und minder gelungenes Facsimile in der Gazene Archeolcgique
XII (1887), Pl.13.