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Brera (Carta, a. a. 0., Tafel V) ein
Drache mit geschmackvoller Oma-
mentik, die an heraldischen Zierat
erinnert, hinzugekommen, sowie
die drei Augen mit dem Zirkel;
das ganz selbständig rechts in der
Ecke prangende Bildnis (dante
alagerii) ist spätere Zutat.
So verständlich auf dem In-
fernobilde der Angriff des Drachen
auf die in der eben angedeuteten
Art symbolisierte göttliche Schöp-
fung ist, so scheint dieses Motiv in
den Dante-Handschriften, soweit
ich sehe, nicht eben häufig zu sein.
Den Zirkel finden wir in der Hand
desSchöpfers auf derersten grossen
Miniatur der mehrfach erwähnten
Bible historiee (cod. 2554). Auf-
merksamkeit verdient das bis jetzt
noch ganz unbekannte Dante-Bild-
nis; es stellt den Dichter etwa im
Alter von 40 Jahren dar; der deut-
liche Bartanfiug erinnert an die
Stelle in Boccaccios „Vita di Dan-
te", wo er von dessen „cappelli e barba spessi" spricht. Der ernste, scharfe,
durchgeistigte Blick des Denkers und Dichters ist gut zum Ausdruck
gebracht, und das charakteristische, uns durch zahllose Bildnisse Dantes
geläufige Profil_ des grossen Florentiners ist in dieser schwach mit Carmin
lavierten Federzeichnung bereits zu finden.
Weit geringere Individualisierung zeigt das Bild Petrarcas in der
Handschrift der Trionfi des Dichters (cod. 2649), wie ja im allgemeinen die
figürlichen Darstellungen dieser sonst reich und mit prächtigen Ornamenten
ausgestatteten Handschrift sich nicht über das Durchschnittsmass erheben.
In diesem Sinne ist die Kontroverse über den künstlerischen Wert der
Miniaturen sowohl der Wiener, wie auch der mit ihr aufs engste ver-
wandten Dresdener Trionfi-Handschrift (königl. öffentliche Bibliothek, O 26) zu
entscheiden?"
Beide Handschriften stammen von demselben Kalligraphen. Jacobus
Veronensis, der sich am Schluss des Textes in beiden Exemplaren nennt; die
Gebetbuch (cod. 198i)
" Frimmel Th., „Beiträge zu einer lkonographie des Todes", Wien, 189:, urteilt (S. 49), sie sei fast ebenso
prächtig, wie du schöne Exemplar der Trionfx in der Pariser Nationalbibliothek ital. 548); dagegen Essling-
Müntz, Pätnrqu: x63: „Dans toule Pillustration pätrarquesque. il n'est rien d: plus intime que ces miniatures de
Vienne et d: Drzsdz."
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