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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 10)

G. Morland, Der Schafhine 
 
Temperaments kann man die Erklärung für die Genauigkeit seiner Be- 
schreibungen des Kinderlebens finden. 
Morlands Arbeitsfähigkeit war ganz erstaunlich. Im Laufe des Jahres 
1788 malte er nicht weniger als 32 Bilder, nach welchen später Gravuren 
hergestellt wurden. Im Jahre 1789 malte er die schöne Bilderserie, welche 
das Soldatenleben mit viel dramatischer Kraft behandelt und „Die Rückkehr 
des Deserteurs" einschliesst. Die Entstehungsgeschichte dieser Bilder ist 
eine sonderbare. Morland hatte damals sich freiwillig den Pflichten des 
Polizeidienstes unterzogen, und traf in der Ausübung dieser Pflichten einen 
Sergeanten, einen Trommler und einen Gemeinen, welche einen Deserteur 
verfolgten. Morland überredete sie, mit ihm in ein Wirtshaus zu kommen, 
wo er sie traktierte und sich von ihnen dafür allerhand Deserteurgeschichten 
erzählen liess. Den ganzen nächsten Tag - so heisst es _ hielt er sie bei 
sich zurück, und skizzierte auf Leinwand die Umrisse der ihm erzählten Ge- 
schichten, während er direkt in dem Milieu seines Gegenstandes lebte. Man 
sieht, dass Morland sein Werk nicht bloss zur Hälfte ausführte, sondern von 
einer zweckbewussten Gewissenhaftigkeit und Hartnäckigkeit beseelt war, 
in welcher man eine weitere Anomalie dieser komplexen Natur findet. 
Die Erklärung für viele der scheinbaren Widersprüche in Morlands 
Karriere ergibt sich daraus, dass das künstlerische Element in seinem 
Organismus so vorherrschte, dass seine Eigenschaften als Mann vollständig 
erdrückt wurden. Seine Kunst zeigt zähen Entschluss, Geduld, fast über- 
menschliche Anstrengung, scharfes Verständnis für die Naturwahrheiten,
	        
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