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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 10)

Sicher übt die Kirche da g-rossen Einfluss aus; 
alles, was sie an neuen Arbeiten fordert, und es 
ist viel, kann sich, wie die Dinge nun einmal 
liegen, nur an die überlieferten Stilformen und 
Typen anlehnen. Und die nicht kirchlichen Kreise 
haben weder die Kraft noch die Erfahrung, sich 
für ihre profanen Bedürfnisse von diesem 
Zwange zu befreien. Dass die Kunstgewerbe- 
treibenden, auf die Gefahr hin, zunächst nicht 
verstanden und unterstützt zu werden, voran- 
gehen und geschmackbildend wirken müssen, 
wird noch nicht erkannt; das Stürmen und 
Drängen der Radikalen an anderen Orten und 
die Gegnerschaft, auf die sie stossen, mag ja 
immerhin zu solchen, wenn auch noch so 
zahmen Versuchen nicht gerade ermutigen. 
Aber zu beklagen ist diese Stagnation um- 
somehr, als tüchtige, technisch ausgezeichnet 
gebildete Kräfte vorhanden zu sein scheinen. 
Das vorhandene Mass an Fähigkeit und die 
geringe Neigung, sie im Sinne moderner Empfin- 
dungen und Bedürfnisse zu betätigen, illustriert 
am besten die Richtung und Arbeitsweise des 
Kölner Goldschmiedes Gabriel I-Ierrneling, der 
weit über Deutschlands Grenzen seit langem 
als einer der ersten Künstler seines Faches 
Ausstellung Ein Düsseldorf, Vase in 
Edßlzinn von der "Oriviw-Gvsell- geschätzt wird. Alles, was er bringt, vom 
"h"f'Kö'"'Eh""Md Figuralen abgesehen, ist gut und tüchtig; er 
meistert alle Techniken: Treiben, Giessen, die Oberflächenbehandlung, 
Ziselieren, Vergolden, Färben, das Filigranieren und Grainieren, Tauschieren 
und jede Weise des Emaillierens, vor allem auch das Email a jour. Dass 
Hermeling als Vielbeschäftigter der Kirchen und Klöster für ihre Aufträge 
immer nach alten Vorbildern sucht, die er allerdings freischöpferisch um- 
gestaltet, ist ja begründet. Aber es ist zu beklagen, dass er angesichts 
so grosser, schöner und lohnender Aufträge, wie bei der Schaffung des Kölner 
und Elberfelder Ratssilbers, von Ehrenpokalen und goldenen Stadtbüchern, 
Dirigentenstäben und Standuhren sich nicht seiner selbst und der Gegen- 
wart erinnert, deren eigenes Sinnen und Trachten zumal im Goldschatze 
moderner Stadthäuser kraftvoll und neuartig zum Ausdruck kommen 
sollte. Der Vater Rhein auf dem Kölner Tafelaufsatze ist doch allzu kon- 
ventionell. Wie hat der Altmeister Fernkom in dem Schaustücke der Firma 
Klinkosch von anno dazumal seinen, den Nibelungenhort in den Rhein ver- 
senkenden Hagen besser zu charakterisieren gewusst! Da ist des Heil- 
bronners Bruckmann Aachener Ratssilber, von Amberg entworfen und
	        
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