Sicher übt die Kirche da g-rossen Einfluss aus;
alles, was sie an neuen Arbeiten fordert, und es
ist viel, kann sich, wie die Dinge nun einmal
liegen, nur an die überlieferten Stilformen und
Typen anlehnen. Und die nicht kirchlichen Kreise
haben weder die Kraft noch die Erfahrung, sich
für ihre profanen Bedürfnisse von diesem
Zwange zu befreien. Dass die Kunstgewerbe-
treibenden, auf die Gefahr hin, zunächst nicht
verstanden und unterstützt zu werden, voran-
gehen und geschmackbildend wirken müssen,
wird noch nicht erkannt; das Stürmen und
Drängen der Radikalen an anderen Orten und
die Gegnerschaft, auf die sie stossen, mag ja
immerhin zu solchen, wenn auch noch so
zahmen Versuchen nicht gerade ermutigen.
Aber zu beklagen ist diese Stagnation um-
somehr, als tüchtige, technisch ausgezeichnet
gebildete Kräfte vorhanden zu sein scheinen.
Das vorhandene Mass an Fähigkeit und die
geringe Neigung, sie im Sinne moderner Empfin-
dungen und Bedürfnisse zu betätigen, illustriert
am besten die Richtung und Arbeitsweise des
Kölner Goldschmiedes Gabriel I-Ierrneling, der
weit über Deutschlands Grenzen seit langem
als einer der ersten Künstler seines Faches
Ausstellung Ein Düsseldorf, Vase in
Edßlzinn von der "Oriviw-Gvsell- geschätzt wird. Alles, was er bringt, vom
"h"f'Kö'"'Eh""Md Figuralen abgesehen, ist gut und tüchtig; er
meistert alle Techniken: Treiben, Giessen, die Oberflächenbehandlung,
Ziselieren, Vergolden, Färben, das Filigranieren und Grainieren, Tauschieren
und jede Weise des Emaillierens, vor allem auch das Email a jour. Dass
Hermeling als Vielbeschäftigter der Kirchen und Klöster für ihre Aufträge
immer nach alten Vorbildern sucht, die er allerdings freischöpferisch um-
gestaltet, ist ja begründet. Aber es ist zu beklagen, dass er angesichts
so grosser, schöner und lohnender Aufträge, wie bei der Schaffung des Kölner
und Elberfelder Ratssilbers, von Ehrenpokalen und goldenen Stadtbüchern,
Dirigentenstäben und Standuhren sich nicht seiner selbst und der Gegen-
wart erinnert, deren eigenes Sinnen und Trachten zumal im Goldschatze
moderner Stadthäuser kraftvoll und neuartig zum Ausdruck kommen
sollte. Der Vater Rhein auf dem Kölner Tafelaufsatze ist doch allzu kon-
ventionell. Wie hat der Altmeister Fernkom in dem Schaustücke der Firma
Klinkosch von anno dazumal seinen, den Nibelungenhort in den Rhein ver-
senkenden Hagen besser zu charakterisieren gewusst! Da ist des Heil-
bronners Bruckmann Aachener Ratssilber, von Amberg entworfen und