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Volltext: Monatszeitschrift V (1902 / Heft 11 und 12)

 
 
 
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Aus dem Salzburger Fachkurse, Bewegungsstudien nach einem lebenden jungen Marder, Verkleinerung 
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Aus dem Salzhurger Fachkurse, Bewegungsstudien nach einem lebenden Truthahn, Verkleinerung 
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druck machen die Stühle, die mit Bequemlichkeit renommieren, möglicherweise auch 
bequem sind,aber unbesetzt mitihren nach vorn sich stützenden, gleichsam anspringenden 
Lehnen Beängstigung erwecken. 
In der gleichen Geschmackszone steht etwa Sepp Kaiser, er verzichtet nur noch mehr 
auf die betonte Nuance der Eigenart um jeden Preis und erstrebt Komfort und Behaglichkeit 
ohne Schwelgerei. Er behandelt das dankbare und bequeme Thema des Herrenzimmers 
mit grosszügigen, bequemen gobelinbezogenen Sitzetablissements, verbleiten Scheiben, 
einer innenarchitektonisch behandelten Bibliothek, die sich freilich nur auf die Thürum- 
rahmung erstreckt, plötzlich abbricht und den dringend nach einem Panneel verlangenden 
Wandteil der Schreibtischecke kahl und bloss lässt. 
Eine Neigung, die für das moderne Schottland charakteristisch ist, Findet hier ihre 
Vemetung in einem Original und in einem auf diesem Boden in freier Anregung 
gewachsenen Beispiel. Bei den dekorativen Künstlern Schottlands bemerkt man die Vorliebe, 
das ganz Primitive mit Luxusnuancen zu zieren, das Rustikale mit mystischer Stimmung 
zu durchsetzen. Makintosh vor allem thut das. Seine jedem formalenRaffinement asketisch 
entsagenden Möbel tragen Medaillonfüllungen aus Emailflüssen, aus durchbrochenen und 
unterlegten Silberplatten, der Raum wird mit japanischer Enthaltsamkeit gefüllt, spärlich, 
dünngliederig, schemenhaft, von oben aber hängen phantastische Wunderlampen in 
mystischen Formen, wie Tempelampeln eines fremden, seltsamen Kultus. 
Aus dieser Welt ist Baillie Scotts Interieur mit seinen Kastenschränken aus natur- 
farbener, abgehobelt wirkender Eiche, die Intarsien von Ebenholz und Perlmutter tragen, 
und seinen schwebenden, leuchtenden Wunderblumen als Beleuchtungskörper. 
Auf ähnlichen ausgeklügelten Bahnen geht jetzt Peter Behrens, nicht zu seinem 
Glück. Er rahmt sein Speisezimmer rustikal mit einer weiss gestrichenen Spanmatte als 
Panneel und er stellt die Fauteuils des Landhauses, die tiefen Korbsessel hinein. In diese 
an sich sehr hübsche Cottagestimmung aber trägt er wiederspruchsvoll und bedrückend 
Elemente einer ganz anderen Welt: düstere Kredenzen mit schweren, an Verliessver- 
Schlüsse mahnenden Metallfüllungen und Schlossringen, Stühle, die in der obeliskartigen 
Form der Lehne an Grabmäler erinnern, dazu ein beklemmendes, halb ethnographisch, 
halb wie das kabbalistische Zeichen einer mystischen Loge wirkendes Ornament, das auf 
dem Wandfries, auf dem Teppich, auf dem Service mit pedantischer Geheimnislust 
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