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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Norbert Ehrlich 
24. Jahrgang Wien, 15. November 1932 Nr. 22 
JCünstlerrecht und Sammlerrecht, 
Von Rechtsanwalt Dr, Leo Munk (Wien). 
Das österreichische Urheberrechtsgesetz, zuletzt 
im Jahre 1920 formuliert, soll abgeändert werden; 
die Regierung hat einen umfangreichen Entwurf aus 
gearbeitet. Dieser behandelt in erster Reihe das 
Recht des Urhebers, dann desjenigen, der das Werk 
»nutzt«; neben diesen Personen kommen natürlich 
auch noch andere in Betrachl, z. B. der Erwerber 
eines Werkes, demnach auch der Sammler. Inwiefern 
ist der letztere an der in Aussicht genommenen 
Regelung interessiert? 
Der Entwurf will dem Schöpfer eines Werkes 
der bildenden Künste (sowie dessen Erben) ein in 
Oesterreich bisher nicht in Geltung stehendes Recht 
einräumen, dies unter der eigenartigen Bezeichnung 
»Urheberanteil«. Es handelt sich um folgen 
des: Frankreich schuf im Jahre 1920 das sogenannte 
»Droit de suite«, es soll dem Künstler ein Äquivalent 
dafür geboten werden, daß er bei dem Verkauf nur 
ein geringes Entgelt erhielt, in der Folge aber die 
Weiterveräußerung dem Besitzer einen Gewinn er 
möglichte. Zu diesem Zwecke wird dem Künstler der 
Anspruch auf 1 bis 3% von dem beim öffentlichen 
Verkauf seines Werkes erzielten Erlös eingeräumt, 
wenn dieser mindestens 50 Frcs beträgt, Aehnliches 
bestimmt ein belgisches Gesetz, und auch die Tsche 
choslowakei hat einen Anspruch jener Art statuiert, 
wenn auch auf ganz anderer Grundlage. Nach dem 
österreichischen Entwurf soll der Urheber, aber auch 
dessen Rechtsnachfolger, wenn das Kunstwerk um 
einen Preis von mindestens 800 S Weiterverkauf! 
wird, einen Anteil von 3% des Entgeltes anzuspre 
chen haben. Zahlungspflichtig ist der Veräußerer, 
doch haftet der Erwerber zur ungeteilten Hand, Die 
Zahlungspflicht entfällt, wenn nachgewiesen wird, 
daß kein Wertzuwachs eingetreten sei. Der Veräuße 
rer hat dem Urheber seinen und des Erwerbers 
Namen sowie die Höhe des Entgeltes mitzuteilen. 
Eine offizielle Stelle, welcher auch die Geltend 
machung des Urheberanteiles im Namen des Urhebers 
obliegen würde, ist in Aussicht genommen. 
Uns scheint, daß diese neue Norm dem Sammler 
moderner Werke trübe Stunden bereiten könnte. Der 
Kunstliebhaber pflegt, selbst wenn er Aufzeichnungen 
über seine Erwerbungen führt, nicht Bücher nach 
kaufmännischen Grundsätzen anzulegen; gar manche 
Erwerbung ist auf Tausch zurückzuführen. Er wird 
daher sehr häufig die erforderlichen Angaben über 
haupt nicht machen können. Für den Fall der Er 
werbung mehrerer Gegenstände um einen Pauschal 
preis sieht der Entwurf eine Berechnung »nach dem 
Verhältnis des Gesamtwertes zum Wert des Werkes 
der bildenden Künste« vor. Da begegnen wir bereits 
der Gefahr, daß durch Sachverständige eine Schät 
zung verschiedener Sachen vorgenommen werden 
müßte. Die Hauptsache ist aber wohl, daß der Samm 
ler weder beneidet noch bemitleidet werden will, 
wenn er gut oder schlecht gekauft hat; er betrachtet 
die Modalitäten der Erwerbung gewissermaßen als 
Betriebsgeheimnis. Hiezu sei noch bemerkt, daß die 
Möglichkeit besteht, es werde der Nationalrat jene 
Preisgrenze herabmindern; in diesem Fall würde jene 
Gefahr einer recht großen Anzahl von Kunstbe 
sitzern drohen. 
Aber noch eine zweite Stelle des Entwurfes gibt 
zu Bedenken Anlaß: Als »Pflicht des Besitzers« 
eines Werkstückes wird die Nötigung aufgestellt, 
das Kunstwerk dem Urheber zur Herstellung von 
Vervielfältigungen oder Bearbeitungen »zugänglich« 
zu machen, Der Besitzer hat also das Stück zwar 
nicht auszufolgen, muß aber dem Künstler den Zu 
tritt gestatten. Nun ist der Salon des Sammlers kein 
Atelier. Der Raum, in welchem das Werk aufgehängt 
oder aufgestellt ist, enthält oft so zahlreiche Objekte, 
d *ß für das etwa zu kopierende Bild hur mit großer 
Mühe ein Plätzchen gefunden werden könnte. Der 
Maler, der gewiß mit größter Genauigkeit den Pin 
sel über die Leinwand führt, nimmt es aber viel 
leicht nicht ebenso genau, wenn er den Pinsel für 
eine kurze Zeit weglegt, und achtet nicht auf etwa 
vorhandene Draperien usw. Der Eifer, mit welchem 
sich der Kopist seiner Aufgabe widmet, kann bewir 
ken, daß wenige Schritte, mit welchen er Distanz 
sucht, einen Zusammenstoß mit einer antiken Plastik 
bewirkt. Das ist keineswegs Kulturlosigkeit; ebenso 
wenig. wie wenn ein großer Rhetoriker mit der Hand 
so kräftig auf das Rednerpult schlägt, daß dieses er 
zittert. Man kann aber auch dem Sammler nicht zu- 
muten, etwa den bezüglichen Raum — vielleicht für 
Wochen — zu evakuieren; gerade Sammler haben in 
der Regel sehr wenig »Platz«. Der Kunstliebhaber 
hat zumeist viel Zeit darauf verwendet, jedes ein 
zelne Stück ins richtige Licht zu stellen, hat die Auf 
stellung häufig geändert. Er kann nicht, wenn der 
kopierende Künstler seine Tagesarbeit beendet hat.
	        
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