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NATION.
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AL-
ISP
LS eine der bedeutsamsten aber zugleich schwie-
rigsten Aufgaben, die der Architekt des XIX. Jahr-
hunderts zu lösen hatte, stellt sich der Bau eines
Kunstmuseums dar. Wie der Gedanke eines
solchen Institutes. als der eines wissenschaftlich
geordneten und allgemein zugänglichen Archivs
kunstgeschichtlicher Denkmäler, im Gegensatze
zu den bis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts
bestehenden Kunst- und Raritätenkammern an
fürstlichen Höfen, neu war, so war auch der
Museumsbau ohne Vorbild in der Vergangenheit.
Und wie Sich die Museumsidee von Generation zu Generation in Überein-
stimmung mit der zunehmenden Geschichtskenntnis immer voller und reicher
entwickelte, so war auch der bauliche Organismus beständigen Erweiterungen
und Verbesserungen unterworfen. Trotz ununterbrochen fortschreitender
Entwicklung vom Bau des britischen Museums, den Smirkes 1823 in Angriff
nahm, bis zu den Schöpfungen von Gull in Zürich und Seidl in München
wird aber niemand sagen können, dass wir bereits auf einem Höhepunkt der
Bewegung angelangt sind. Wir wissen wohl heute, was wir von einem Museum
verlangen, aber es wurde noch keines gebaut, das allen Anforderungen
vollkommen genügt hätte. Wunsch und Erfüllung zeigen noch allerlei Inkon-
gruenz en. Der ziemlich komplizierte Organismus eines modernen Kunst-
museums ist nicht leicht in vollkommene Harmonie zu bringen. Er gipfelt
in der Berücksichtigung dreier verschiedener Aufgaben: der des Sammelns
' Der Neubau des Bayerischen National-Museums in München. Herausgegeben mit Genehmigung des
königl. Staaxsministeriurns des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten. München, Verlagsanstalt
F. Bruckmznn A.-G. 1902.
Ausstellung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe in Berlin, Porzellangefässe von Theo
Schmuz-Baudiss