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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 4)

wird, so sind diesbezüglich zunächst zwei Gruppen von Refnrmbeliisscnen 
in's Auge zu fassen. Beide Herkömmliches verwerfend, beide unbefriedigt 
von dem Vorhandeaen, beide in gleicher Art inhrünstig das Heil von 
der Natur erüehend. 
Die Anhänger der einen gehen von dem Grundsatze aus, dass die 
Naturbeobachtung, der Genuss des in der Natur unmittelbar Geschauren 
so viele und so richtige lnspirationen verschaüe, dass diese zur Lösung 
jeglicha Aufgabe der decorativen Kunstweisen ausreichen. Der durch 
die Natunbetrachtung hervorgerufenen Inspiration und dem angeborenen 
wguten Geschmacks wollen sie alles Künstlerische verdanken. 
Dies bedeutet den Bruch mit aller Tradition. 
Der reiche Schatz der Erfahrung, von Generationen sorgsam an- 
gesammelt, wird bedingungslos verworfen. Da bewährte Lösungen oft 
wiederkehrender Aufgaben nicht mehr der Weiterbildung und Vervoll- 
kommnung würdig geachtet werden, beginnt das Suchen nach originellen 
"Pypen, welche um so rascher auftauchen und wieder verschwinden, je 
mehr sie bei ihren Schöpfern sowohl als auch beim Publicum, nachdem 
der Reiz der Neuheit vorüber, das Gefühl des Unbefriedigtseins hervor- 
rufen. Am günstigsten steht es noch, wenn in solchen Fällen der Künstler 
zugleich ein eminenter Praktiker auf einem Gebiete ist, dessen tech- 
nische Grundbedingungen seiner Thätigkeil bestimmte scharf umschriebene 
Grenzen zieht. Dann bringt er leicht, im Falle sich seine Erzeugnisse 
auch riumlich nicht zu sehr ausdehnen, Objecte hervor, welche als das 
hingenommen werden sollen, was sie im Grunde auch nur sein können: 
Hervorbringungen einer spielenden Phantasie, geistreiche Attrapen, Nippes 
in vergrößerter Form, oder mit was man sonst derartige Schöpfungen 
vergleichen mag. 
Als eine Art Neojaponismus möchte man wohl den Charakter der 
besten solcher Arbeiten bezeichnen. Wie sich solche zu jenen verhalten, 
welche als Schmuck oder Geräthe mit dem Wesen monumentaler Bau- 
lichkeiten harmoniren sollen, kann man sich unschwer vergegenwärtigen. 
Gesetzt den Fall, es wollte Jemand ein Exemplar des bekannten Löwen- 
zahna (Leontodon taraxacum) in Metall bilden und die Flugsamenkugel der 
Pflanze, von Kindermund wLaternchen: genannt, mit einem entsprechend 
ausgestatteten elektrischen Gllihliimpchen versehen, so wäre gegen eine 
solche ldee, wenn anders sie nur möglichst vollkommen zur Durchführung 
gebracht ist, wohl wenig einzuwenden. Die Form eines für ein Gemach 
von ernstem, würdigem Aussehen bestimmten Krnnleuchters jedoch als 
die eines naturalistisch durchgebildeten Baurnwipfels zu wählen, könnte 
wohl kaum ernstlich vertheidigt werden. 
In der angedeuteten Richtung gestalten sich am ungünstigsten die 
Lösungen der Aufgaben, bei welchen es sich um die künstlerische An- 
ordnung und Schmückung der Innenräume und um die Herstellung des 
großen Mobiliar: handelt.
	        
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