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ein charakteristisches Beispiel; die
Formensprache erhält sich, sie über-
dauert das Material, aus dem sie
hervorgegangen ist, sie wird nur
simpler, an die Stelle des klassisch
Hochtrabenden tritt das Einfache,
Bürgerliche. S0 bieten wie die kürz-
lich veröffentlichten Möbel auch die
im Hof-Mobilien-Depöt aufbewahr-
ten Bronzen reichliche Belehrung
und viele trefHiche Vorbilder aus
einer kunstgeschichtlich bedeutenden
Zeit, in welcher Österreich eine
beachtenswerte, rühmliche Rolle mit
reichem Talent gespielt hat.
Lusker, Wiener Arbeit, Bronze, zuletzt Hofburg Wien
KLEINE. NACH.RICH.TE{N:1SQL
BERLINER DEKORATIVE CHRÜNIK. Wenn man auf die diesjährige
grosse Berliner Kunstausstellung zurückblickt, so bleibt als ein nachhaltiger Eindruck,
im Gegensatze zur Nüchternheit der früheren Darbietungen, die neue dekorative Raum-
ausgestaltung. Zum erstenMale hatman versucht, die Säle als Schmuckrahmen für die Bilder
zu behandeln und die Kargheit der vierWände zu überwinden. Farbenstimmung inszenierte
manausgraublau und gold; Portale mit Säulen, Reliefs und Kranzgehängen wurden errichtet,
Medaillons in die Wände inkrustiert; zur rechten Hand des Eingangs entstand die originelle
Anlage eines Langschiffs mit reizvollen kleinen niedriger bedachten Seitenkojen, die intim
geschlossene Plätze für Kleinkunst, Objets d'art, Schmuck und Gerät, Statuetten und
Teil einer Schreibtischgarrxitur, Federn-
hehälter, Wiener Arbeit, Bronze, zuletzt
Hofburg Wien
Architekturmodelle hergaben. Aus ihrer Flucht ent-
wickelte sich dann die Folge der Interieurs. Sie ist
diesmal viel grösser an Zahl als in früheren Ausstel-
lungen. Es sind - das ist für den Beobachter inter-
essant - weniger die Arbeiten einzelner künstlerischer
Persönlichkeiten, es sind mehr Kollektivkompositionen,
die von grossen Firmen veranstaltet wurden, sie zeigen
die Verallgemeinerung und Popularisierung moderner
Ideen.
Freilich geben sie der Kritik viel zu tun. Es kommt
nichts sehr Anregendes heraus und manches „Gegen-
beispiel" ist warnend festzunageln.
Dass nach den allzu puristischen Einfachheits-
tendenzen sich wieder der Wunsch nach geschmück-
terer, von wärmerem Luxus erfüllter Umgebung regt,
ist sehr berechtigt und eine ganz natürliche Fort-
schrittsetappe. Nur wird hier leider der Luxus nicht in
der Ausbildung eines vollendeten Komforts, in der
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