ANHANG.
DER INTERNATIONALE PATENTCONGRESS ZUR ERÖR
TERUNG DER FRAGE DES PATENTSCHUTZES,
ABGEHALTEN IN WIEN, IM AUGUST 1873.
N ach den ftenographifchen Protokollen bearbeitet von
D R - Carl Th. Richter,
o. ö. Profejjfor der Staatswijfenjckaften an der Univerfität zu Prag.
„Der Schutz der Erfindungen ift in den Gefetzgebungen aller civilifirten
Nationen zu gewährleiften: weil das Rechtsbewufstfein der civilifirten Nationen
den gefetzlichen Schutz der geifligen Arbeit verlangt; weil er . . . . neue tech-
nifche Gedanken ohne Zeitverlufl und in glaubwürdiger Art zur allgemeinen
Kenntnifs zu bringen, das einzig praktifche wirkfame Mittel bildet; . . . weil den
Ländern, welche kein rationelles Patentwefen haben, dadurch grofser Nachtheil
erwächft, dafs ihre talentvollen Kräfte fich Ländern zuwenden, in denen ihre
Arbeit gefetzlichen Schutz findet; weil erfahrungsgemäfs der Patentinhaber am
wirkfamflen für fchnelle Einführung feiner Erfindung forgt.“
Diefe Befchlüffe und Erklärungen des internationalen Patentcongreffes
rechtfertigen wohl zur Genüge, warum wir die kurz zufammengefafste Bericht-
erflattung über den Patentcongrefs den focialpolitifchen Bildungsmitteln als einen
Anhang beigeben. Das Recht und das Gefetz, wie Gefellfchaft und Staat es aus
bilden, ift Schule und Erziehung für die Völker und für die Einzelnen im Volke.
Es ift ein Zeichen der Cultur und zu gleicher Zeit ein Träger und ein Förderer der
Culturentwickelung. Die Rechtsgefchichte, das Werden und Bilden der Gefetze,
follte den gröfsten Raum in der Culturgefchichte der Menfchheit einnehmen. Es
nimmt ihn leider nicht ein, aber zum Glück hat die Rechtsgefchichte fich felbft-
ftändig entwickelt und liefert der Forfchung genügendes Material. Das Patent
recht ift ein Theil der gefammten Rechtsentwicklung der Kulturvölker; es bean-
fprucht nicht nur diefelbe Stellung und Bedeutung wie jedes andere Recht, es
fordert fogar heute wenigftens noch bei der mangelnden Entwicklung feiner
Geftalt etwas mehr. Es fordert die ganze Kraft des Geiftes, denn es hat erft noch
eine Rechtsfphäre zu fchaffen, welche, den Klardenkenden vollkommen bewufst,
durch mehr als ein Jahrhundert aber, und felbft heute noch, geleugnet und beftrit-
ten wird. Dadurch verfchwindet nicht nur die geiftige und materielle Arbeit in
ihrem Rechte auf Ausnützung der in ihr gelegenen Werthe, es wird die Arbeits-
thätigkeit, die Leiflung, der arbeitende Menfch felbft in feiner Freiheit vernichtet.
Ein tüchtiger Menfch, ein fchaffender Geift foll der Nützlichkeit wegen, die Alle
ausbeuten wollen, Allen geopfert werden.
„Die Idee“, fchreibt C. William Siemens an den Ehrenpräfidenten des
internationalen Patentcongreffes, Freiherrn v. Schwarz-Senborn, als er ihm das
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