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Volltext: Monatszeitschrift VII (1904 / Heft 2)

und mehr wirklich dekorative Arbeiten und Originalität in der Ausschmückung 
des Hauses verlangt, wird den Künstlern und Kunsthandwerkern neue 
Anregung geboten. Die Guild of Handicraft, deren Entwicklung häufig in 
den Spalten dieser Zeitschrift besprochen worden ist, hat eine Dekorations- 
mode festgesetzt, welche eine ganze Schar von Nachahmem gefunden 
hat, wie es denn bei jedem erfolgreichen Unternehmen unausbleiblich ist. 
Die englische „neue Kunst" ist jedoch grundverschieden von jener, welche 
in Paris, in Wien und in Moskau sich eingebürgert hat. Vallgren, der 
finnische Bildhauer, der durch die Umstände bewogen wurde, sein Zelt 
in Paris aufzuschlagen, hat einen höchst wichtigen Einfluss auf die 
Revolution ausgeübt, welche in der dekorativen Kunst des Festlandes 
und in der Anwendung des menschlichen Körpers für dekorative Ent- 
würfe stattgefunden hat. Der fähigste seiner Schüler ist Gurschner, dessen 
Name dem Wiener Publikum so geläufig geworden ist. In England ist es 
in der Tat äusserst selten, dass man phantastische Körperformen in der 
Dekoration von Gebrauchsgegenständen findet. Miss Rope hat viel 
Figurales für den bekannten Architekten Mr. Arnold Mitchell ausgeführt, 
besonders für K-aminstücke, Decken und Wandpaneels, nebst einigen 
reizenden Entwürfen für Bronze- oder Zinnguss für Türbeschläge, Brief- 
kasten und elektrische Beleuchtungskörper. Derartige künstlerische Zutaten 
geben jedem Hause eine wunderbare Vornehmheit und bezeugen sofort, 
dass der Eigentümer ein Mann von künstlerischem Sinn und Ge- 
schmack ist. 
Nach meiner Ansicht bietet ein Torklopfer jedwede Möglichkeit für 
künstlerische Konstruktion und man erinnert sich mit Vergnügen der 
schönen Torklopfer aus Bronze, Kupfer oder Messing, welche noch heute 
manchen italienischen Palast aus dem XVI. Jahrhundert schmücken. Und 
trotzdem sieht man an neun Zehnteln der Londoner Häuser moderne Tor- 
klopfer von hässlicher und schablonenmässiger Form. In den oft wieder- 
holten „Arts and Crafts"-Ausstellungen, welche man bei aller Unvollkommen- 
heit als einen Schritt in der guten Richtung willkommen heissen muss - 
nämlich zur Verdammung der geistlosen Produkte mechanischer, von 
Geschäftshäusern beschäftigter Arbeiter H hat merkwürdigerweise gerade 
der Torklopfer eine sehr vernachlässigte Rolle gespielt. 
Frisch von einer Besuchsrunde solcher Ausstellungen kommt man zur 
Ansicht, dass das lobenswerte Streben nach der Verkörperung idealen Aus- 
sehens der Einrichtung und Dekoration eines Hauses den Künstler häufig 
zur Entwicklung der wildestenExzentrizitäten geführt hat, und wir alle 
wissen, dass es viele Künstler gibt, in deren Geiste Exzentrizität und Kunst 
gleichbedeutend ist und die augenscheinlich der Ansicht sind, dass ein 
Gegenstand, um schön zu sein, vor allen Dingen Interesse durch eine auf- 
fallende Neuerung in Form oder Farbe erregen muss. Angesichts so vieles 
Falschen, Afifektierten und Sinnlosen in der zeitgenössischen dekorativen 
Kunst wendet man sich manchmal mit einem Gefühl von Erleichterung
	        
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