zwei Jahre lang die Schminkdosen für den Schminkfabrikanten Perin. In
Meissen war man in analogem Falle rigoroser. Der Pariser Kaufmann
Lemaire verlangte seit x72g, wie Berling (a. a. O. S. 37) den Akten entnimmt,
öfters von Meissen unbemaltes Porzellan oder solches mit chinesischen und
andren, von ihm bestellten Marken, ohne dass man ihm, ausser in ganz
seltenen Fällen, willfahrte. In Wien hat Du Paquier seine Porzellane zum
Teile mit chinesischen Marken unter der Glasur bemalen lassen, so bei der
schönen Konfektschale in Fächerform (Wiener Ausstellungskatalog Nr. g,
abgebildet in „Kunst und Kunsthandwerk" 1903, S. 447) und der Teetasse
(Nr. x 57), zwei Stücke, die auch in der Form ganz chinesisch sind. Vielleicht
gehen sie auch auf eine derartige Bestellung Lemaires zurück, der sie dann in
Frankreich, das um diese Zeit noch kein Hartporzellan kannte, als echtes
chinesisches Porzellan verkaufte. Auch von früheren Meissener Porzellanen
mit chinesischen Marken hat uns der glückliche Zufall einige erhalten. Eines
derselben enthält die schon erwähnte, an so vielen interessanten Stücken
reiche Franks-Kollektion vom europäischen Porzellan im Londoner Bethnal-
Green-Museum.
PHASEN ENGLISCHER WOHNHAUS-
ARCHITEKTUR": S0
IE Kunst der Künste, der höchste Gipfel des Aus-
druckes und der Sonnenschein des Lichtes
der Literatur ist Einfachheit. Nichts ist
besser als Einfachheit, nichts kann für Über-
mass entschädigen.
S0 schrieb Walt Whitman über die
Dichtkunst, aber der Ausspruch enthält eben-
soviel Wahrheit für jede andere Kunstform.
In einem Wörterbuche linde ich als Erklärung
des Ausdruckes „Dekoration": Eine zur Zierde
dienende Zutat. Ich glaube nicht, dass das
Wort im allgemeinen in diesem Sinne gebraucht wird. Nach meiner Ansicht
ist die geläufige Auslegung des Wortes „Dekorati0n": Etwas, was zugefügt
wird, um etwas anders zu verbergen; und von diesem Standpunkte aus-
gehend möchte ich einen Schritt weiter gehen und sagen, dass ein Innen-
raum gewöhnlich besser wäre ohne Dekoration.
Das schönste Interieur, das ich je gesehen habe, war Westminster
Cathedral, die noch im Bau begriffene katholische Kathedrale Londons, vor
nicht ganz zwei Jahren. Die ungeheure Höhe und die Grösse des Raumes
machte einen unvergesslichen Eindruck. Mit Ausnahme der Bogenreihen
aus lichtem Marmor zu Seiten des Chores, war nichts zu sehen als die
nackten Ziegellagen des Baues - düster vielleicht, aber grossartig, traurig
u
' Eine Rechtfertigung der neuesten Entwicklung des Wohnhauses. Von einem englischen Architekten.
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