zu Wasser, in Riesengrösse wie das Kolossalgemälde von Hans Bohrd und in beschei-
denem Zimmerformat. Zur preussischen Geschichte gesellt sich diesmal ungarische
Chronik. Im grossen blauen Saal findet sich eine Gruppe ungarischer Maler zusammen,
Benczur, Feszty, Biharis mit grossflächigen Szenen ihrer Nationalgeschichte: Ungarische
Königsdramatik. Dazu gesellt sich ein kunstallegorischer Plafond Munkacsys.
Das Ausland ist sonst numerisch nicht stark vertreten, bringt aber in die ermüdende
Fülle des Durchschnittmässigen manch Beachtenswertes. Packend wirkt die Farbenfuric
des Spaniers Soro-lla y Bastida: grünblauer Wogengischt mit geblähten Segeln und in der
aufgewühlten Flut die mächtigen scheckigen Leiber der Stiere. Leidenschaft und
elementare Wucht, Boreas Brausen fährt durch dieses kolossale Bild.
Viniegras Weinlese blendet mit scharfer südlicher Sonnenmonotonie, das Erstickende
lautloser Mittagsschwüle weht uns an, die Landschaft dürstet und das Grün der Wein-
blätter erscheint im prallen unbarmherzigen Licht fast stachlich.
Aus einer gleichmütigen Nachbarschaft blickt fesselnd und voll lebendiger Gegen-
wart der Raucher von Gari Melchers, aus dem dunklen Hintergrund kräftig heraus-
gerneisselt, mit dem roten Ärmel und dern verschlagenen Gesicht des fahrenden
Gauches.
In deutscher Kunst ist das Beste die Landschaft. Zwar keine neuen Lieder werden
gesungen, aber Kallmorgen, Dettmann, Feldmann, Otto l-I. Engel, Kayser-Eichberg haben
immerhin in ihren Naturausschnitten innerlich erlebte Lyrik und empfundene Schwingung.
Fatal berührt das unvergängliche Genre geschwätziger, breit redseliger und selbst-
gefälliger Anekdotenbilder, auf denen ein Seemann seine Abenteuer erzählt oder auf
denen mit Kinderrettung in Seenot kunstwidrige Spannungseffektmacherei getrieben wird.
Noch fataler aber dünkt das phantasielose Böcklin-Epigonentum, das sich in äusserlichen
Variationen des Spiels der Wellen mit Seeschlangen, Heiligtümern am Meer, Zypressen,
blauwallender Meeriiut und marmornen Toteninsel-Gestaden hier breit macht.
Verweilendere und anregendere Betrachtung ergeben die kleinen Sonderausstellungen,
die künstlerischen Oasen dieses wirr verzweigten Riesengeländes.
Zu Lenbachs Gedächtnis ladet ein mit Truhen und Gestühl geschmücktes Kabinett
ein. Aus der künstlerischen Welt des grossen Menschensehers scharen sich hier die
Männer- und Frauengestalten, wie sie sein schöpferischer Blick sah, deutete und auf die
Leinwand bannte. Und ihren Reigen führt jenes Bismarck-Bild, auf dem der Gewaltige
monumental, den Eisenhelm über dem mächtigen bleichen Gesicht, aus der Nacht taucht
wie eine Shakespearesche Heldengeistererscheinung. Und ihren Schluss macht Margot
Lenbach in der Ritterrü-stung wie ein Shakespearesches Königskind.
Fesselnd sind die Kabinette des Karlsruher Ludwig Dill und des Berliners
Max Uth. Dills Landschaften haben etwas Visionäres. Seine Abenddämmerungen, seine
verblühten Disteln, seine Weiden und Wachholderbüsche, seine Birken im Moor
sind schwer traumumfangen. Fahles Leuchten schwebt darüber, oft fühlt man die
Stimmung eines vereisten Sternes, wie stygische Flut schläft das Wasser zwischen
den dunklen Ufern und die bleichen Federblumen, die sich huschtig drängen, scheinen
wie Totenköpfe.
Max Uth hat dagegen ein ausgesprochenes Wirklichkeitstemperament. Seine Ziele
sind die winkligen Gassen der Altstädte, das Gewirr verwinkelter Höfe, das Geschachtelte
windschiefer Gewölbe, die Farbensprenkelung der Hafenstriche, die aus Qualm und Rauch
hindurchblitzt. Und er pinselt liebevoll das ab und seine reiche Palette bringt die unendlich
vielfältige Patina der Zeit und der Witterung auf Mauern, Zäunen und holprigen Pfiaster-
gestein illusionskräftig nah.
Auch die Abteilung der Graphiker, des Illustratorenverbandes, der Plastiker und der
Architekten ist zahlreich beschickt. Und schliesslich ist auch das Kunstgewerbe mit einer
Anzahl von Innenräumen vertreten. Man kann ihnen weder viel Gutes noch viel Übles
nachreden. Die Monstrositäten, das falsche Pathos und der forcierte Verblüffungsstil fehlt