Spitzweg fanden, ist die balladeske Romantik, wie
sie in den Bildern Friedrich Lessings weht. Man
denkt an den Freischütz und die Wolfsschlucht, an
die Elementargeister, den Hörselberg und das wilde
Heer.
Lessing liebt Ruinen- und Klosterpoesie; Sturm
und Kampf in zerklüfteten Waldtälern. „Dem Geier
gleich" schwebt seine Phantasie über den Zacken des
Gebirges; die Felsen türmen sich ihm zu gespens-
tischen Kolossen, und jene Vorstellung versteinerten
Schicksals, wie sie vielen Landschaftssagen, zum
Beispiel der vom Hans Heiling-Felsen zu grunde
liegt, scheint diese Bilder befruchtet zu haben.
Exotische Streifzüge deutscher Kunst beobach-
tet man in den Werken Eduard I-Iildebrandts und
I-Ioguets.
I-Iildebrandts virtuoses Feuerwerk brilliert hier
in charakteristischen Beispielen.
Und Hoguet, der mit I-Iildehrandt auf den
gleichen Pariser Meister, auf Eugene Isabey SChWUf,
folgt ihm.
In einer umfangreichen Serie erschließt sich
die Entwicklung Andreas Achenbachs, des neunzig-
jährigen Nestors, der in der Zeit der einseitigen
Italomanie durch seine nordische Kunst, durch seine
Marinen, Seestürme und Strandstudien ein heilsames
Gegengewicht bildete.
Außer ihm sind von lebenden Künstlern in
dieser Ausstellung noch vertreten Hans Thoma,
Franziska Hofmanninger,
Die Wäscher -Toni
der mit seiner lieblichen Streublumenwiese und dem Mägdelein sowie mit der Wunder-
horn-Landschaft jene früher umschriebene lyrische Romantik fortsetzt; sein Verwandter
Wilhelm Steinhausen; Gleichen-Rußwurm, der hier in seiner Entwicklung vorn sorg-
sam ausgepinselten Staffeleibild zu kühnen großzügigen Landschaftsimpressionen, vor
allem auch in der Radierung, gezeigt wird; Engen Bracht, in dessen Bildern die heroische
Landschaft fortklingt; schließlich Gustav Schönleber, der mit dekorativem Sinn alte Städte
und Wasserläufe, traumhafte Spiegelungen und verwachsene Gemäuer ansieht und nach-
bildet.
Bei einem Wiederholungsrundgang durch die Schwarzweißabteilung fesseln noch
einmal Schmutzers souveräne und delikate Radierungen; die mit Dürerscher nachschaffen-
der Handschrift gegebenen Tierstudien Richard Müllers; die noble Kultur der Blätter
Friedrichs v. Schennis, der, „antiker Form sich nähernd", hier als ein letzter Nachfahr
des XVIII. Jahrhunderts erscheint.
Die „Fetes galantes", verwilderte Parks mit Marmorgöttern, die Ruinen der alten
Welt, die Elegien der Basreliefs und Sarkophage sind seine Visionen. Die Mythologie
wird zum Zierat hedonisch-verfeinerten Lebens, und Leda-Motive und das Corps de
Ballet der Amoretten und Grazien ordnet er wie ein Intendant der Menus plaisirs Louis XV
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