ALTÖSTERREICHISCHE GOLDSCHMIEDE-
ARBEITENSKP VON EDUARD LEISCHINGSW
Beachtung zu schenken. Museen und Sammler
suchen Arbeiten dieses Kunstzweiges zu er-
langen, das österreichische Museum hat, wie
wir schon kürzlich mitteilen konnten, im Laufe
der letzten Jahre etwa ein halbes Hundert
typischer Stücke aus der Zeit von 1780 bis 1850
durch Kauf und Schenkung erworben. Graf
Latour hat durch längere Ausstellung seines
reichen Silberbesitzes, in dem sich auch treff-
liche Objekte heimischer Provenienz befinden, wie durch seine Studien auf
diesem Gebiete Kunstfreunde, Künstler und Forscher angeregt, ihr Interesse
zu betätigen und zu vertiefen. Archivalische Streifzüge einzelner Historiker
in Böhmen, Mähren und Wien haben Bausteine zu einer künftigen Gesamt-
darstellung der österreichischen Goldschmiedekunst geliefert und so darf man
hoffen, dass dieses fruchtbare Feld, in welchem so viel kultur- und kunst-
geschichtlich wertvolles Material bisher verborgen lag, von den Fachleuten
nicht früher wieder verlassen wird, ehe es ganz umgepüügt und durchsucht
worden ist. Es ist eine Ehrensache, dass dies geschieht. Viel zu wenig hat
die Kunstgeschichte sich bisher mit der Kunst Österreichs beschäftigt. Wir
wundern und ärgern uns immer, dass das Ausland und die Literatur so
geringe Kenntnis hat und nimmt von den Schätzen der Kultur, die in langer,
redlicher, von klaren Köpfen und mehr als nur geschickten Händen ge-
schaffener Arbeit allerorten in den österreichischen Landen aufgespeichert
sind, noch aufgespeichert sind, wie viel auch zerstört und enttragen worden
ist. Dürfen wir dem Auslande diese Unkenntnis verübeln? Steht es mit
unseren Landsleuten und unserem heimischen Schrifttum besser? Hand
aufs Herz! Haben die österreichischen Gelehrten und Kenner, von einigen
rühmlichen Ausnahmen abgesehen, ihre Pflicht bisher erfüllt, sich im eigenen
Lande gründlich umzuschauen und den Ruhm und die Grösse der Heimat
laut genug zu verkünden? Kennen die Österreicher Österreich, die Wiener
Wien? Sind die Freunde der Kunst nicht besser in Italien, in Paris, London,
Berlin, Dresden, München zu Hause als am eigenen Herde? War es nicht
überraschend und beschämend, welche Offenbarungen die von uns vor zwei
und drei Jahren veranstalteten Kunstwanderungen vermittelten, welche Ent-
deckungen daselbst von ernsten, sonst gründlichen und hochgebildeten
Menschen gemacht wurden!
Das soll nun anders werden, auf den unterschiedlichsten Gebieten, in den
verschiedensten Kreisen regt sich das Verlangen nach Einkehr und Selbst-
besinnung. Man fängt an, die eigene Geschichte zu studieren und daran