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diese. Ihre auseinander strebenden Zweige und Gänge liegen nämlich nicht auf demselben
Horizont, sondern in verschiedenen Stockwerken kreuzweise über- und untereinander. Es
sind drei, ja nach den neuesten Forschungen wohl gar vier solche Stockwerke von ver
schiedenem Niveau vorhanden. Die Hallen strotzen von einer erstaunlichen Mannigfaltigkeit
der Tropfsteinbildungen und sind an vielen Stellen auch mit demantgleich blitzenden
Kalkspatkrystallen besetzt, was einen ganz zauberhaften Effekt macht. Die Herren Julius
Czarän und Julius Pethö haben bei ihren jüngsten Forschungen in einem bisher
unbekannten Versteck der Höhle ein reiches Lager von Knochen verschiedener Urthiere
entdeckt. Nach der Aggteleker Höhle ist dies ohne Zweifel die merkwürdigste, größte und
schönste Höhle in ganz Ungarn, sie heißt auch mit Recht „die Perle von Bihar". Nahebei
gibt es auf dem Felde Gyalu Boilor noch zwei kleinere Tropfsteingrotten.
Von Belenyes östlich führt eine wohl instand gehaltene Gebirgsstraße in Windungen
nach Bihar-Füred. Dieser klimatische Kurort, auch Sommerfrische, liegt in Tannen
wäldern am Fuße des 1627 Meter hohen Pojenberges; Besitzer ist der griechisch-katholische
Bischof von Großwardein. Seine Hauptquelle hat 5 5 Grad Celsius und heißt beim
Volke Wunderquelle. Noch kälter (4'8 Grad Celsius) ist die Ärvaquelle. Den
Hauptschmuck der Umgebungen von Bihar-Füred bilden die malerischen Wasserfälle: im
Jadbecken der Läjafall, Dianenhain, Serenadenfall, am unteren Ende der
Jadschlucht die Jadolina, im Draganbecken die Teufelsmühle (Ördögmalom), wo
eine aus gewaltigen Felsthürinen bestehende halbkreisförmige Bastei durch den 25 bis 30
Meter tiefen Sturz des Baches mitten entzwei gerissen ist, dann der 80 bis 100 Meter
hohe Phaethonfall im Quellgebiete des Schwarzen Körös und noch viele andere.
Bihar-Füred ist der denkbar beste Ausgangspunkt für den Besuch der höchsten
Thcile des Gebirges, seinen sogenannten „alpinen" Theil. Am zweckmäßigsten bedient
man sich dazu der dortigen kleinen Gebirgsponics, der „Mokäny"-Pferdchen. Die erste
Station des Ausfluges ist der Hidegkut (kalte Brunuen) oder Funtina recse auf dem
Hauptgrat, mit einem Wasser von 5 Grad Celsius, aus dem der Tragänbach entspringt.
Er wird vom Gipfel des Kornu Munczilor überragt, der eine weite Aussicht bietet, bei
klarem Wetter bis zum zerrissenen Grat des Retyezät, den Fogaraser Alpen, der Kelemen-
Alpe an der Grenze gegen Moldau und Bukowina, und bis zu den Rodnaer Alpen. Auf
der anderen, östlichen Seite des Hauptgrates entspringen die Quellen des Warmen
Szamos (Meleg Szamos). Dieses Quellgebiet ist überaus reich an den verschiedensten
Naturmerkwürdigkeiten, zu deren leichter Begehung der siebenbürgische Karpathenverein
eine eigene Rundtour, den sogenannten Szamos-Bazar, eingerichtet hat. Der eine
Quellbach des Flusses hat sich in einer hemmenden Felswand, der Äragyaßa, eine
15 bis 20 Meter hohe elliptische Felsenpforte geöffnet und dann im Berginneren einen