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Volltext: Monatszeitschrift VII (1904 / Heft 12)

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Ostasien erleichtert, chinesische und japanische Kunstprodukte kommen 
durch türkische Vermittlung immer zahlreicher nach Europa. In der Weberei 
der Sarazenen tauchen absonderliche Formen auf, die wir uns gewöhnt 
 
Aus einem Florentiner Gemälde vom Jahre 1373 (Aus Dreger, „Künstlerische Entwicklung der Weberei und 
Stickerei", Wien, k. k. Hof- und Suatsdruckerei) 
haben, mit der Gotik zu verknüpfen, weil sie uns auf Gewändern und Wand- 
dekorationen gotischer Kirchen entgegentreten, obwohl sie mit gotischem 
Stile nichts gemein haben. Sie sind durch Vermittlung Italiens, für welches 
die Gotik nur eine Episode bildete, die nicht imstande war, sich ihre eigene, 
alle Gebiete umfassende Kunstsprache zu bilden, über die Alpen gedrungen: 
die Flammen- und Strahlenmuster, die drei Kugeln der Shingonsekte, 
Löwen, die mehr wie Hunde stilisiert sind, verschiedene Tiere, die in Ostasien 
heimisch sind und zufällig auch in der christlichen Symbolik eine Rolle 
spielen, wie Hirsche, Rehe, Pelikane, Störche und andere Vogelarten. Dazu 
kommt - gleichzeitig mit der Emanzipation der heimischen Flora durch 
die Gotik - naturalistisches Pflanzenwerk und helle Farben, besonders ein 
saftiges Grün. Es ist in einzelnen Fällen kaum möglich, die sarazenischen Stoffe 
von ihren norditalienischen Nachbildungen, die seit dem XIII. Jahrhundert 
in Lucca, Venedig, Genua, später auch in Florenz hergestellt wurden, aus- 
einanderzuhalten. Noch schwerer ist es, die älteren Fabrikate dieser selbst 
zu trennen, da die Muster an einem Orte im Laufe der Zeit wechselten. Im 
allgemeinen weist man Lucca die zarten, frei verteilten Muster zu, während 
sich Venedig enger an Vorbilder des näheren Orientes hielt und Genua die 
üppigen Prachtstoffe bevorzugte. Später galt gerade Venedig für die vor- 
nehmste Stätte des Luxus. 
Im XV. Jahrhundert flutet der Naturalismus, zuerst im Oriente, merklich 
zurück. Schon vorher hatte sich eine Ornamentform entwickelt, welche für 
die Weberei diesselbe Bedeutung erlangen sollte, wie der Akanthus für die 
Architektur, nämlich das Granatapfelmuster. Ihm ist einer der interessantesten 
und am besten durchgearbeiteten Abschnitte des Buches gewidmet. In den 
Schatzverzeichnissen taucht es als „Pinienapfel" zuerst bei orientalischen 
Importen des XIV. Jahrhunderts auf. Seine Grundform ist bekanntlich die
	        
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