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griechische Palrnette. Auf die Antike geht auch die Blattform auf Tafel 146
(Hintergrund einer Anbetung der Könige auf einem flandrischen Gobelin im
Museum zu Bern) zurück, die aber auch sonst, zum Beispiel auf Kapitellen
Gemaltes Antependium aus Florenz. Letztes Viertel des XV. jahrhunderts (Aus Dreger, „Künstlerische
Entwicklung der Weberei und Stickerei", Wien, k. k. Hof- und Staatsdruckerei)
von San Marco in Venedig, auf Grolier-Bucheinbänden und anderen
vorkommt. Es ist kein Zufall, wenn Dreger sie auch auf römischen Mosaiken
gefunden hat, denn es handelt sich auch hier um eine in der spätrömischen
Kunstindustrie häufige Erscheinung, um eines der beliebtesten Elemente der
sarazenischen Arabeske, welches später von der abendländischen Kunst
wieder übernommen wurde.
Im Norden entwickelte sich unterdessen die Stickerei immer glänzender.
Im Mittelalter war das „Opus anglicanum" berühmt, das schon in einem
Schatzverzeichnisse von St. Peter in Rom vom Jahre 1295 genannt wird, und
nach Franz Bock im wesentlichen durch die Verwendung von Gold- und
Silberscheibchen verschiedener Form und Grösse gekennzeichnet wird.
Schnütgen sieht dagegen in ihm das Verfahren, Figuren auf einen eigenen
Stoff zu sticken, auszuschneiden und auf Goldgrund aufzunähen. Der die
Zeichnung füllende Goldfaden folgt bei der Stickerei den Umrissen, läuft
also gleichsam schneckenförmig zusammen und wird durch seidene Über-
fangstiche niedergehalten. Farbige Seidenfäden wurden zur Füllung der
Flächen nur ausnahmsweise, besonders bei Köpfen und Händen gebraucht.
Andere halten das Opus anglicanum nur für eine besondere Art des Stiches,
eine Ansicht, die ich nicht teile, weil das Mittelalter für blosse technische
Finessen keinen Sinn hatte. Wahrscheinlich wechselte im Laufe der Zeit der
Name den Begriff. Dreger neigt zu der Annahme, dass man damit eine
Zeitlang im Norden die ersten Versuche der Abschattierung farbig gestickter
Flächen bezeichnen wollte, da die Entwicklung dort tatsächlich im Gegen-
Satze zum Süden dahin drängte. Dieser legte in Nachahmung des Mosaiks den
I-Iauptwert auf die prunkvolle Wirkung blanken Goldes, jener folgte der
Malerei, von der primitiven Epopöe des Teppiches von Bayeux bis zu den
Wunderwerken der burgundischen Messgewänderi, für deren Entwurf Max
1' Im kunsthistorisehen Hofmuseurn zu Wien.