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Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 2)

welche Sorgfalt, Ausdauer und 
Geschmack verwendet werden. 
Das große Verständnis und 
die Verehrung für die Natur, die 
in den Tempelanlagen ihren monu- 
mentalen Ausdruck linden, nehmen 
in den Park- und Gartenanlagen 
der Japaner eine spielende Form 
an. Wir begegnen da einem Be- 
streben, die großen Erscheinungen 
in verjüngter Form zu wiederholen, 
das nicht nur Miniatur-Seen und 
-Berge, -Wasserfälle und -Fels- 
gruppen bildet, sondern auch den 
PHanzenwuchs in reduzierte Di- 
mensionen zwingt. 
In dieses ursprünglich von 
Malern, später von Buddhisten- 
Priestern ausgebildete System 
wurde auch eine komplizierte 
Symbolik verweht, die in jedem 
Teil der Anlage poetische und 
mythologische Zwecke verfolgt; 
schon im XIII. jahrhundert er- 
schien von Gokyogoku eine solche 
Theorie des Gartenbaues, die später vom Mönch Soseki und im XV. jahr- 
hundert vom Priester Soami ausgebaut wurde, welch letzterer den Park des 
Silberpavillons joshi masas angelegt hat. Dort gab es eine Landschaft: 
„Gesetz der Gewässer", ein „Geräusch des Stromes", eine „Essenz der 
Düfte", ein „Tor des Drachens" und eine „Brücke der Berggeister", ein 
„Tal des Goldsandes" und einen „Hügel des Mondscheines" und so fort. 
Auch verkleinerte Wiederholungen bekannter Landschaften kommen 
vor; nicht selten wurden die „acht Ansichten des Omi-Sees" nachgebildet. 
(Brinkley II.) All dies ist scheinbar ein I-Iineintragen fremder Elemente in 
die Gartenkunst. Und doch ist das Verständnis für die Natur und für die 
Stellung des Menschenwerkes in ihr in Japan so groß, die Beherrschung 
ihrer Gesetze so entwickelt, daß das Resultat ein sehr reizvolles ist. 
Die ungemein geschickte Ausnützung der beschränktesten Dimensionen 
für eine anmutige und kapriziöse Verteilung aller Teile wirkt auch dann, 
wenn man die in sie hineingelegte symbolische Bedeutung gar nicht kennt; wie 
die Führung der Wege und Stege, der Wasseradern und Laubmassen, die 
Disposition der Felsen und grünen Flächen und besonders aber der blühen- 
den Sträucher und Bäume vorgenommen wird, das ist das Resultat einer hohen 
und eigenartigen Kultur. Daß die Liebe zur Blumenpflege den Zusammenhang 
 
Bucheinband von Charles Meunier
	        
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