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Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 3)

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Täuschung Nachdruck zu verleihen, ist es wohl erlaubt, auch in der Behand- 
lung die Arbeit des Silberschmiedes nachzuahmen. 
Selten wohl haben zwei Künstler so harmonisch kollaboriert, wie 
Ramsden und Carr. Die Beiden sind unzertrennbar, arbeiten zusammen, 
leben zusammen und sind stets einer Ansicht in allen Kunst- und Lebens- 
fragen. Es wirkt fast komisch, wenn alle an Ramsden oder Carr persönlich 
gestellten Fragen mit „wir" beantwortet werden. Ramsden allein oder Carr 
allein haben keine Meinung. „Wir" haben dies oder jenes getan, „uns" 
gefällt dies oder jenes Kunstwerk in Florenz am besten, ist stets die Antwort. 
Dazu kommt noch, daß jeder der beiden Unzertrennbaren einen kleinen 
physischen Fehler hat. Ramsden leidet an nervösem Zwinkern der Augen, bei 
Carr äußert sich die Nervosität im Stottern. Derartige „Personalia" haben 
allerdings mit der Kunst Ramsdens und Carrs nichts zu tun. Wenn ich 
sie dennoch zum Schlusse dieser kurzen Skizze erwähne, so ist es nur, um 
zu zeigen, daß die schönen Resultate ihrer gemeinschaftlichen Arbeiten dem 
engen Bande ihrer Freundschaft und Ideengemeinschaft und der Ähnlichkeit 
der Charakterzüge zuzuschreiben sind. Arbeitsteilung in dem Sinne, daß ein 
Künstler sich mit dem Entwerfen, der andere mit der Ausführung eines 
Stückes befaßt, gibt es nicht bei Ramsden und Carr. Beide sind in theo- 
retischer und praktischer Hinsicht vollkommen ausgerüstet und ihr Gedanken- 
Flug ist so identisch, daß jeder von ihnen jederzeit die von dem anderen 
begonnene Arbeit weiterführen kann. 
MEDARDO ROSSO Sv VON LUDWIG HEVESI- 
WIEN 5-0- 
INE Ausstellung im Kunstsalon Artaria hat kürz- 
lich den italienischen Bildhauer Medardo Rosso 
dem Wiener Publikum näher gebracht. Den im- 
pressionistischen Bildhauer, den Maler mit plasti- 
schen Mitteln, den Lebendarsteller, der da sagt: 
„Es gibt keine Malerei, es gibt keine Plastik, es 
gibt nur ein Ding, das lebtl". Sein Zweck ist, den 
Eindruck dieses Lebens hervorzurufen durch die 
nämlichen Mittel, die ihn in der Wirklichkeit er- 
zeugen. Also durch die eigentümlich ausgerech- 
nete Mitwirkung von Licht und Schatten und durch 
jene Perspektive, die sonst die Maler für ihre Kunst mit Beschlag belegen, 
während Rosso sagt: „Die Maler müssen ja die Perspektive erst hervor- 
täuschen, während sie im plastischen Material schon von Natur aus hand- 
greiflich vorhanden ist, nämlich als ein von Haus aus darin lokalisiertes 
Hintereinander von Vorder-, Mittel-, Hintergrund". Da Medardo Rosso 
während seiner Ausstellung selbst in Wien war, hatte er reichlich Gelegen- 
heit, seine neuartigen Grundsätze zu verkünden, nach denen, wie er über- 

	        
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