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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 1)

blumenreiche Wiese, die ihrer harrt. Hat 
denn irgendjemand schon dieZusammen- 
hänge aufgespürt, welche etwa von der 
prähistorischen Keramik durch die mittel- 
alterliche hindurch zur Bauerntöpferei 
der letzten Zeit herüberleiten? Hat man 
die textilen Handfertigkeiten im Weben, 
Wirken, Flechten und Sticken, wie sie 
in hoher Altertümlichkeit der Techniken 
und Formensprache etwa unter den 
Slowaken, Ruthenen oder Dalmatinern 
bis in die letzte Zeit geblüht haben, 
in die richtigen und umfassenden histo- 
rischen Zusammenhänge gebracht, so daß 
i sie uns als lebendige Anachronismen 
schon deutlich und verehrungswürdig 
genug wären? Hat man den Holzstil der 
Alpenländer oder der Karpatenvölker 
genügend untersucht und die Holz- 
technik des europäischen Altertums da- 
mit aufgehellt? Es ist alles erst zu tun, 
alle diese und viele andere Fragen, wel- 
che die Ausstellung dem Kundigen und 
Interessenten an allen ihren Ecken und 
Enden entgegenhält, sind erst anzu- 
schneiden. Allzulang hat man eben die- 
sen Dingen seitens der Kunstgelehrten 
Glockenband, um, mit geschnitzten Aufsatz, und Kulturforscher eine aufrichtige oder 
FI'""S"'I(K"'G3") vielleicht auch nur erkünstelte Gering- 
schätzung entgegengebracht, und es wäre einer der belangreichsten Erfolge 
dieser Ausstellung, wenn sich die österreichische Kunstforschung von nun 
an mit dem Aschenbrödel Volkskunst ernstlich befassen wollte. 
Die über 3000 Nummern zählende Vorführung der Erzeugnisse des 
I-Iausüeißes und der Volkskunst hier auch nur andeutungsweise zu 
beschreiben, werde ich mich sehr hüten müssen. Jedes Hervorheben ginge 
auf Kosten des Verschwiegenen, jedes Herausstellen wäre ein Unrecht gegen 
das Übersehene. Auf Prunk- und Prachtstücke ist die Ausstellung nicht 
eingerichtet: sie ist auf die gleichmäßige innere Tüchtigkeit jeder echten 
volksmäßigen Arbeit gestelltf" Die Deutschen wie die Slawen, die Rumänen 
wie die Ladiner haben gleicherweise Anrecht auf die Beachtung ihrer 
Hervorbringungen, so verschieden auch das Lebensniveau ist, auf dem sie 
uns entgegentreten. Freilich im Gegensatz zur Allerweltskultur der Gegen- 
" Dies war, beiläufig bemerkt, der entscheidende Grund für die Ausarbeitung eines Kataloges der Aus- 
stellung szat: eines obenhin orientierenden „Führers", der bequemer gewesen wäre.
	        
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