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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 3)

Grabsteinen der Antike und den 
Nürnberger Epitaphien der Re- 
naissance, ja noch im XVIII. Jahr- 
hundert so glänzend hervortritt, 
droht verloren zu gehen. An die 
StelledeswirksamenKeilschnittes 
tritt Hache Ätzung, wenn nicht 
gar das ganz unkünstlerische und 
unsolide Sandgebläse. Doch hatte 
H. E. v. Berlepsch-Valendas für 
die Wiesbadener Ausstellung eine 
Schriftprobe von einem Bronze- 
Epitaph nach seinem Entwurf 
eingesendet, die ganz eigenartig, 
omamental wirksam und doch 
klar leserlich war. Sie könnte, 
ebenso wie ihre Umrahmung als 
mustergültig hingestellt werden, 
wenn der Künstler nicht allzu 
reichlichen Gebrauch von dicht 
gereihten, parallel geschlängelten 
Füllungsstrichen gemacht hätte. 
Wenn auch, wie bemerkt, auf 
unseren Friedhöfen niemand die 
hervorragendsten Leistungen unserer Plastik suchen wird, sich vielmehr in 
ihnen lieber über den allgemeinen Durchschnitt wird orientieren wollen, ist es 
doch bedauerlich, daß er dort, dank der Lokalbildhauer, welche die Friedhöfe 
als ihre Domäne betrachten, gewöhnlich noch unter diesen versetzt wird. 
Schlimm genug sind bereits die auf Vorrat angefertigten Kreuze, Platten, 
Obelisken, die schwarz polierten Säulen mit plastisch aufgelegten Palm- 
zweigen und Rosenkränzen. Schlimmer noch die nach individuellem 
Geschmack hergerichteten Grabsteine mit Bildnissen der Verstorbenen in 
Photographie unter Glas, in Marrnorbüsten, die womöglich, mit allen Orden 
geschmückt, frei vor eine Rückwand gestellt werden und das an dieser 
angebrachte Relief verdecken, und jene zahllosen Werke, die mit allen 
Mitteln auffallen wollen, die auch die Stätte des Todes, der alle gleich macht, 
zu Denkmälern kleinlicher Eitelkeit gestalten. Nicht Pietät, sondern die 
Sucht, mit seinem Reichtum vor den Nachbarn zu prunken, führt zu 
unsinnigen I-läufungen teuren Schmuckes, zu faden Allegorien mit fast 
komisch wirkenden Übertreibungen. Da trauert der Genius der Kunst an 
dem Grabe eines juweliers, der nie das kleinste Ringlein selbst gemacht hat, 
die Genien der Arbeit und Wohltätigkeit an dem eines reichgewordenen 
Rentners, die ganze Provinz an dem eines braven Regierungsbeamten. 
Im Vergleich dazu kann das Grabmal eines Schiffreeders in einem 
 
F. Hausmann. Grabstätte
	        
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