später zweimal in Paris, wo er sich ganz und gar in den Impressionismus eintauchte. Erster
und letzter Observanz. Wie er uns jetzt gegenübersteht, ist er in innerem und äußerem
Umschwung begriffen. Man hat seinerzeit in Wien seine Porträte in damaliger Manier sehr
anerkannt (Richard Muther war darunter); diese starken dekorativen Flecke, die viel-
sagend in einem Raum gesellt an der Mauer standen und weithin wie eine Formel, ein
Symbol wirkten. Wie ein Plakat, könnte man sagen. Jetzt kommt das nur noch selten vor;
jetzt geht er den intimen Farbigkeiten nach, den heimlichen Vermählungen interessanter
Nuancen, die sich bis weit über die Grenze der Handgreiflichkeit hinauswagen. Daß Manet
stark auf ihn gewirkt hat, zeigen nicht nur schwarze Bilder, wie die seiner Schwestern in
Trauerkleidern, sondern auch die große Ölkopie, die er von Manets bahnbrechender
„Olympia" im Luxembourg gemacht hat. Es ist die erste große Kopie, die existiert. Die
Teintstudie ist allerdings nur zum Teil richtig, denn der Körper hat im Original drei ver-
schiedene Teints. Büste und Kopf haben fast etwas Kreidiges von Reispulverschönheit,
die Beine sind weiß mit direkt schwarz hingeschummerten Schatten, der eigentliche
Rumpf aber hat einen olivgelblichen Ton, der sich merkwürdig scharf als unregelmäßiger
Fleck von dem übrigen abhebt. Diesen Fleck ist Spiro schuldig geblieben. Möglich, daß er
ihn zu der frühen Tagesstunde, in der er stets malte, bis neun Uhr früh, nicht so sah, wie
wir im hohen Tageslicht der Besuchstunden. Immerhin ist die Arbeit sehr beachtens-
wert und sollte wohl in eine Galerie gelangen. Auch mit anderen Franzosen, namentlich
Besnard, hat Spiro jetzt Berührungen. Wie sollte er nicht? Und in Deutschland kann er
an Slevogt und Corinth erinnern. So namentlich in einer lebensgroßen „Salome", zu der
ihm seine Frau, die Schauspielerin Du Rieux, eine Darstellerin dieser Rolle, gestanden.
l-Iier ist derber Akt mit unentschlossenen Farbigkeiten beisammen, das Ganze kommt nicht
überein. Das, was ihm jetzt vorschwebt, zeigt sich mitunter doch schon in besonderer
Gelungenheit. Eine „Dame mit Hund", auf einem Kanapee liegend, zeigt ein Gewimmel
von Schwarz und Weiß als Toilette und ein geometrisches Muster als Möbelüberzug. Aber
es ist alles von einer luftigen Weichheit, daß die Farbe ganz ihr Spielendes behält. Ebenso
eine Siesta, wo das bunte Geblümel des NegligestolTes in dieser Weise durcheinander-
Hittert. Es wäre noch so manches derartige Bild hervorzuheben, wobei der Künstler
jedenfalls auf dem richtigen Wege ist. Er ist jetzt natürlich vorwiegend l-Iellmaler. Auch
hat er die Tempera mit Öl vertauscht. Er ist ein Suchender und hat noch viel Zeit vor
sich. Zugleich mit ihm sah man eine Sammlung von Phantasien des jungen Österreichers
Alfred Kubin, der in München lebt. Er sieht das Märchen als Karikatur, ein lachender
Pessimist. Er erfindet Zerrbilder der Popanze, die uns schrecken. Etwas Vorsintllut-
liches, humoristisch angesehen („Die Echse", „Der Zauberwald"), oder ein Körnchen
Simplizissimus in abenteuerlicher Ausgestaltung („DerVizekönigtä „Der Alleinherrscher").
Es ist Eigenes in ihm, aber es tastet noch allzusehr nach der eigenen Gestalt.
KLEINE NACHRICHTEN Sie
US DEM BERLINER KÜNSTLEBEN. Die Nationalgalerie bietet jetzt in
ihren Räumen das imposante Schauspiel einer künstlerischen Haupt- und Staats-
aktion. Ein seit einem Jahrzehnt vorbereitetes, großzügiges Werk steht nun in reicher
fruchtbarer Erfüllung da: die Jahrhundertausstellung deutscher Kunst.
Der Plan dabei war, das Spiegelbild eines deutschen Kunstsäkulums zu geben, nicht
nach dem mehr oder minder zufälligen Besitz einer einzelnen Galerie, sondern plan-
mäßig zusammengesetzt aus den charakteristischen Beständen aller nur erreichbaren
Sammlungen, vor allem der privaten.
Es lockte dabei besonders, eine Art von Kunstgeographie zu treiben, lokale land-
schaftliche Gruppen, die früher weniger beachtet wurden, ins Licht und in aufschluß-