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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 6 und 7)

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Gamma sprechen könnte; der Ausdruck wäre 
nichtssagend, aber wenigstens nicht irre- 
führend. Da sich nun aber einige Ausdrücke 
einmal eingebürgert haben, wird man doch 
nicht umhin können, sich ihrer zu bedienen; 
unbedingt sollte man aber solche vermeiden, 
bei denen sich jeder etwas anderes denkt. 
Und bei den üblichen sollte man zu möglichst 
klarer Auffassung gelangen und nicht ver- 
gessen, daß der Ausdruck selbst zunächst 
oft nach einer falschen Richtung deutet. 
Zu den am meisten in die Irre leitenden 
Bezeichnungen gehört jedenfalls der so häu- 
fig gebrauchte Ausdruck „Gotische Spitze". 
Eine wirklich gotische Spitze gibt es nicht 
und hat es niemals gegeben. Im Gegenteile, 
unter allem, was uns das Kunstgewerbe bie- 
tet, ist die Spitze vielleicht das echteste Kind 
der Renaissance. 
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i: 
Die Spitze hat sich an der Wäsche ent- 
wickelt, sei es nun Leib-, Bett- oder Tisch- 
wäsche; sie stellt die freie Endigung der 
Leinwand dar, das allmähliche Auslaufen 
des Gewebes in das Nichts. Die künstlerische 
Verwirklichung dieser Idee kann nun in ver- 
schiedener Weise erfolgen. Vielfach werden 
sich die an einer oder zweiSeiten des Gewebes 
frei hängenden Enden der Kettenfaden selbst 
hiezu bieten; man kann dann allenfalls auch 
die übrigen Seiten des Gewebes durch Aus- 
ziehen von ' Faden (in einer" Richtung) mit Aus d" "Anbetung derxönigeu von Hugo 
solchen freiauslaufenden Faden versehen. w... d" Saß, Fümmh Liechmnsmin. 
Damit das Gewebe jedoch nicht weiter fasert, fjgßxjiizlilgrisshügaäilfiiiisng 
wird man diese Enden verknoten und so 
wird sich von selbst eine Fransenknotung oder Knüpfung ergeben; sie dann 
reicher auszugestalten, istnatürlich eineBetätigung des künstlerischenWollens. 
Auf Bildern des XV. und frühen XVI. Jahrhundertes finden wir Handtücher 
und kleine Decken nicht selten mit solchen Fransenknüpfungen an den zwei 
Schmalseiten versehen; um nur ein Beispiel zu nennen, weise ich auf die 
Darstellung des Todes Mariä vom Kölner „Meister des Todes Mariä" in der 
Münchener Pinakothek hin, wo wir sowohl die Decke des Hausaltares als 
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