Er liebt - seine Privathäuser zeigen das - den Stil vom Anfang des Jahrhunderts,
den man etwas allgemein Empire nennt. Er liebt an ihm die Noblesse der einfachen_
ruhigen Linien, des schlanken Körpers, die Zurückhaltung im Ornament, das nur ganz
sparsam an betonter Stelle als Akzent in die Fassade gesetzt wird; er liebt die rhythmische
Schönheit, die nicht aus Beiwerk kommt, sondern aus harmonisch schwingenden Pro-
portionen des gesamten Bauorganismus.
Hierzu paßt Messels Handschrift ausgezeichnet.
Einem Schinkelschen Gebäude mit langgesh-eckter, glatter, nur durch Säulenpilaster
gegliederter Front ist das Schulte-Haus benachbart. Seine überragende Höhe wird
anpassungsvoll durch eine horizontale Dreiteilung in ein Quaderuntergeschoß, in ein Zwei-
etagen-Mittelgeschoß und eine festlich sich über dem ganzen erhebende Attika, von vier
großen Empirevasen gekrönt, ausgeglichen.
Die charakteristische Betonung empfängt das Haus durch die sehr edel gelungene
Gliederung jenes Zweietagen-Mittelgeschoßes. Messel ließ hier das Mittelstück der Fassade
leicht zurücktreten und leitete es links und rechts in weichen konkaven Einbuchtungen, in
denen lange schmale entsprechend ausgewölbte Fenstertüren mit weißer Sprossenteilung
und zierlichem Eisenfiligran-Balkongitter sitzen, in die nun pfeilerartig wirkenden Eckilanken
über. Und außerdem wird zwischen ihnen in der Länge des Mittelstücks noch eine ihm
vorgelegte durchbrochene Steinbalustrade geführt.
Das ergibt eine außerordentlich vornehme, nur durch die diskreten Mittel von Pro-
portionsabstimmung und Linienbewegung geschaffene Wirkung.
Es kommt noch dazu der Reiz des Materials. Messel hat, wie der zweiteWertheim-Bau
schon zeigte, sehr gern den körnigen Kalkstein mit seiner wellig lebendigen Fläche. Er
ward auch hier glücklich verwendet. Und gerade in diesem Stoff wirkt die Steinmetzkunst,
wie sie die Messel nahestehende Münchener Gruppe pilegt, sehr organisch.
Das Münchener Nationalmuseum und der Steinlaubengang am Wertheirn-Eckhaus
des Leipzigerplatzes zeigt diese skulpturale Schmucktechnik, die ihre üächigen Zierstücke
andeutend halb im Stein läßt und dabei das Wittrige, Porige des Kalksteins in seiner
Unmittelbarkeit erhält. Stoff und Schmuck werden dadurch sehr einheitlich, es wird hier ein
natürlicher Zusarnmenklang erreicht, denn sonst erst die patinierende Mitarbeit der
Zeit schafft.
So bieten sich auch die Flächenvignetten an dieser Fassade, die gekreuzten Empire-
füllhörner unter den Balkonen und die Kranzgewinde über den Fenstern dar.
Größere Plastiken von dem Münchener Wrba sollen noch die oben beschriebene
Steinbalustrade schmücken. Sie sind vorläulig verhüllt. Vielleicht wäre ohne sie das
Gesamtbild noch ausgeglichener.
Den letzten Eindruck kann man übrigens noch nicht haben. Denn an der linken Seite
steht ja noch das kleine, zum Abbruch verurteilte Torgebäude Schinkels. Dieses und sein
geschwisterliches Gegenüber sollen fallen, um die enge neue Wilhelmstraße zu verbreitern,
dann wird das Schulte-Haus Eckgrundstück und wird noch eine, jetzt verdeckte Seiten-
fassade zeigen.
Die Ausstellungsräume sind im ersten Flügel des Erdgeschosses untergebracht.
Durch den Flur mit einer weißen Tonnengewölbedecke betritt man einen Eingangsraum,
der als erster Eindruck freilich nicht ganz glücklich wirkt. Er ist seitlich nicht gut
beleuchtet, hat eine winklige Führung und seine eine Seite ist mit einem wie provisorisch
eingesetzten verglasten, bis zur Decke reichenden Verschlag, der Bureauzwecken dient,
ausgefüllt. Solche „Lösungenß die in einem vorhandenen Bau als notwendige Übel, als
l-lilfskonstruktionen empfunden würden, erscheinen befremdlich in einer Anlage, die doch
durchaus auf ihre Bestimmung und ihre zweckgerechte Verwendung organisch hätte
ausgestaltet werden sollen. _
Glücklicherweise ist nur diese erste Station enttäuschend. Hat man sie passiert, so
betritt man die vier Oberlichtsäle, die wahrhaft kunstvornehme gesammelte Stimmung