die aber anzuschauen durchaus kein
künstlerischer Genuß ist. Auch die be-
kannten Umschläge unserer populären
großen Editionen auf grünem, rosen-
rotem und gelbem Papier mit gar be-
scheidenen Omamentbordüren kann
man nicht gerade künstlerisch bemer-
kenswert nennen. Mit den Einbänden
der Partituren, Klavierauszüge, Sona-
tenbände und Liederalbums ist es in-
sofern besser bestellt, als sich neuer-
dings die Tendenz geltend macht, den
T itelaufdruck auf den Vorderdeckeln
(warum in aller Welt wird der Titel
nicht auch wie bei den Büchern auf
den Rücken gedruckt?) einfacher und
dadurch geschmackvoller zu gestalten
und allzu vieles Ornament in Gold-
pressung wegzulassen. Freilich ist
auch hier mit den beliebten Umrah-
mungen aus stark bewegten Jugend" Notentitel von Adolf von Menzzl
stillinien, die sich die Musterzeichner
als modernen Stil zurecht gemacht haben, künstlerisch noch nichts gewonnen.
Unsere gute deutsche Musik verdient es wirklich, ein besseres,
künstlerisch ebenbürtigeres Gewand zu bekommen; das ist meines Erachtens
für den deutschen Musikverlag eine Ehrensache. Eine Reform ist hier an
der Zeit, und zwar eine durchgreifende Reform, die sich nicht nur auf das
Äußere unserer Musikalien, sondern auch auf das Innere, auf die Noten er-
strecken muß. Die heutige Notenschrift ist wohl klar, leserlich, über-
sichtlich und technisch vortrefflich ausgeführt, aber ob der Technik ist,
genau ebenso wie es bei unserer Druckschrift der Fall war, die künstlerische
Form vernachlässigt worden.
Die Notenschrift der älteren Zeit steht künstlerisch sehr viel höher als die
technisch so sehr verfeinerte Notenschrift unserer Zeit. Man sehe sich zum
Vergleich einmal die Missalbücher des XV. Jahrhunderts an, oder die
Choralbücher des XVI. und XVII. Jahrhunderts oder die Notenhefte des
XVIII. Jahrhunderts. Wie könnte ein Künstler aus dem Studium der alten
Notenschriften heraus unseren in seiner Korrektheit so nüchternen heutigen
Notenstich künstlerisch reformieren und neu beleben! Aber ein Künstler
müßte es eben sein! Hoffentlich kommen wir bald dazu, denn daß wir dazu
kommen werden, ist bei dem gegenwärtigen erfreulichen Bestreben, alles
künstlerisch zu durchdringen, nicht zu bezweifeln. Besonderen Dank würde
sich der Musikverleger verdienen, der als erster einem Künstler den Auftrag
zu einer neuen künstlerischen Notenschrift gäbe. Das erste gute Beispiel
75