Louvrefassade von Perrault (Grundriß und Teil des Aufrisses) nach G. Dehio „Kunstgeschichte in Bildern"
leichtere Auffassung hervor und wieder mehr das echt nordische Streben
nach reicher, lebendiger Silhouette.
Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, läßt sich auch die eigen-
tümliche Erscheinung der französischen Rokokokunst, daß das eigentlich
Bauliche streng klassizistisch, die Schmuckform aber ganz frei und natura-
listisch ist, durchaus verstehen. Die barocke Wucht war doch auch in der
reinen Architektur zu Ende, der Klassizismus der Baukunst war sozusagen
ihr Naturalismus; denn man faßte die klassischen Formen als die der ewigen
Natur echter Baukunst entsprechenden auf. "
Auf deutschem Boden, wo sich die Barockkunst, der allgemeinen Zeit-
strömung gemäß, um das jahr 1700 gleichfalls zu lösen beginnt, sind die
barocken Formen vielfach stärker und der Klassizismus schwächer; aller-
dings sind gewisse strengere Spätrenaissanceformen, zum Beispiele „toska-
nische" Säulen, allenthalben in Übung geblieben. Doch treten auch im
Äußeren, rein Architektonischen, Formen auf, die dem inneren eigentlichen
Rokoko entsprechen, während in Frankreich der einzige größere Entwurf,
der die, uns heute allein als Rokoko erscheinenden, freien Schnörkelformen
auch ins Äußere übertragen will, der Entwurf Juste Aurele Meissoniers für
Saint Sulpice, eben deshalb unausgeführt blieb. Pöppelmanns Zwinger in
Dresden stellt etwa ein so geschaffenes selbständiges deutsches Rokoko oder
Vorrokoko dar, das wir allerdings nicht als solches zu bezeichnen gewöhnt
sind. Und in gewissem Sinne wäre I-Iildebrandt als Parallelerscheinung zu
betrachten.
Ganz anders hat sich dagegen der jüngere Fischer entwickelt. Ein
bloßer Vergleich des Baues der I-Iofbibliothek (Abbildung auf Seite 625) mit
dem Entwurfe Hildebrandts für die Hofburg (Abbildung auf Seite 616)
macht dies trotz einer gewissen Verwandtschaft der Dachform sofort klar.
Der stärker französische Geist ist bei der Hofbibliothek wohl unverkennbar.
johann Emanuel Fischer von Erlach, der sowohl auf künstlerischem,
mathematischem als technischem Gebiete außerordentliches Talent ent-
' Vergleiche meine „Künstlerische Entwicklung der Weberei und Stickerei . . ." (Wien, m04), Seite 308
und andere.