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Ein solches Schicksal ist auch dem schönen Worte widerfahren, das eine große Aufgabe
unserer Zeit, die Hebung künstlerischer Kultur, benennt. Und je wichtiger alles ist, was
als wertvoller Beitrag zu ihrer Lösung begrüßt werden kann, um so notwendiger wird es
sein, daß nur Diejenigen öffentlich zu Worte kommen, die wirklich Förderndes zu sagen
haben. Unter dem Titel: Flugblätter für künstlerische Kultur, herausgegeben von W. Leven
in Stuttgart bei Strecker ä Schröder, ist eine Sammlung von Heften erschienen, die in
populärer Form und zu mäßigem Preis Anregungen auf diesem Gebiete bringen wollen.
Es liegt sehr viel guter Wille in diesem Unternehmen und es ist sehr viel Feuer und Eifer
in den Fünf ersten Heften aufgewendet worden. Ist aber nicht die strengste Selbstprüfung
und ein hohes Niveau der sprachlichen und sachlichen Darbietungen für alle Jene Vor-
bedingung, die ernstlich Kultur fördern wollen?
Wenn wir diesen Maßstab anlegen - und noblesse oblige gilt wohl auf keinem
Gebiete so sehr wie auf dem der ästhetischen Propaganda - so hält wohl nicht alles hier
Gebotene stand; vielfach muß der gute Wille zur Entschädigung für das angerufen werden,
was noch nicht auf jenem Niveau steht, das anderwärts schon erreicht worden ist. Da
es aber keineswegs unsere Absicht sein kann, löblichen Intentionen in den Arm zu fallen,
so sei hier weniger das betont, was uns bei dem Vorliegenden besonders schmerzt, als
das, was uns daran gefällt. Da ist vor allem das Heft über „Neue Theaterkultur" zu
erwähnen, wegen seiner Sachlichkeit und knappen, sicheren Form. Es unterrichtet mit
klaren Darstellungen und gut gewählten Illustrationen von dem schon Erreichten und noch
Erreichenswerten. Dann sei noch der Essay hervorgehoben, in dem Professor Dr. P. j. Ree
darauf hinweist, daß für den guten Geschmack zuerst auch eine gute Begabung vorhanden
sein muß, bevor es der Kunstwissenschaft gelingen kann, ihre Führerrolle wirksam zu
betätigen. H. Fischel
IN BUCH ÜBER CI-IROMOLITHOGRAPI-IIE. Das Gebiet des Adhä-
sionsdruckes, das schon durch seinen Schöpfer Alois Senefelder vielfältig gestaltet
wurde und seither eine ungeahnte, weite Entwicklung erfuhr, hat in dem Verfasser des
vorliegenden Werkes ' einen Bearbeiter gefunden, der in seiner bedächtigen, klaren und
genauen Weise alles vor Augen führt, was einerseits dem Lithographen als Praktiker,
andrerseits aber dem Künstler, der an eine Vervielfältigung seiner farbigen Werke denkt,
zu wissen nötig sein kann.
Die Lithographie, deren vielfältige Gestaltungsmöglichkeit seit jeher kräftig zu Tage
trat, ist weiters in der Gegenwart durch die Verbindung mit den verschiedenen Arten der
photomechanischen Verfahren zu Ergebnissen gelangt, die in unzähligen, fein abgestuften
Varianten fast jeden Wunsch auf dem Gebiet des polychrornen Druckes erfüllen können.
Eine so bedeutende Fülle des Stoffes in den Raum eines noch immer handlichen
Werkes zu bringen ist dem Verfasser trefflich gelungen. Er geht hiebei bezüglich der
Gruppierung in genetischer Weise also vor, daß er mit dem materiellen Teil beginnt, das
Prinzip der Technik erklärt, die lithographische Platte und ihre wichtigsten Ersatzmittel
zeigt, ihre Eigenschaften bespricht und sodann die Werkzeuge und Gerätschaften so wie
die notwendigen Chemikalien verführt; endlich die verschiedenen, vielfach ineinander
greifenden Verfahren zur Herstellung der mannigfaltigen Arten der Drucke genau erörtert.
Es ist leicht begreiflich, daß das Kapitel über Materialien nicht etwa vom Standpunkt
des Chemikers aus behandelt ist, sondern im ganzen den Charakter einer praktischen,
gewissenhaft zusammengestellten Warenkunde an sich tragen mußte. Selbstverständlich
fehlt es jedoch nicht an den nötigen Winken, deren Befolgung durch die von der Chemie
gelehrten Tatsachen geboten sind.
"') Hesse, Friedrich. Die Chromolithographie, mit besonderer Berücksichtigung der modernen, auf photov
graphischer Grundlage beruhenden Verfahren und der Technik des Alurniniumdrucks. Zweite, gänzlich umge-
arbeitete und vermehrte Auflage, mit 13x Abbildungen und zo Beilagen. Halle a. S. Wilhelm Knapp. 1906.
Großoktav.