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in völliger Ungnade sehe, als
ob er gestohlen hätte oder
treulos gewesen wäre. Er
fühle sich aber vollständig
unschuldig. Er klagt über die
Unbeständigkeit des I-Iolz-
werkes und die Fehler der
Arbeiter, die die Pläne nicht
richtig ausführten. Der Graf,
der ihn sonst wie ein Vater
behandelt habe, sei sehr
böse und man wolle ihm
Ehre und Ruf, vielleicht das
Leben nehmen. Und dann
fährt Hildebrandt fort: „Gott
hat mir das Leben gegeben,
um diesen vornehmen Beruf
(den eines Architekten) be-
reits durch etwa 40 Jahre
auszuüben, und ich habe
zahlreiche schöne und an-
sehnliche Bauwerke ge-
schaffen, die sich nun in den
Ländern Seiner Majestät des
Kaisers und anderswo be-
Enden . . f"
Er könne seine Werke
nicht aufzählen und nirgends
Eckpavillon des Harrach-Palais in Wien, nach Sal. Kleiner Sei ein Mißgeschick Vorge"
kommen; nie sei eine Mauer
oder ein Gewölbe eingestürzt. Aber für die Fehler des Holzes könne er nicht;
das komme daher, daß man die kaum begonnenen I-Iäuser schon vollendet
sehen wolle. (Der kaum zu verkennende Vorwurf, der in diesen Worten liegt,
erklärt sich wohl nur aus der augenblicklichen Erregung des Schreibers.)
Es sei allgemein bekannt, schreibt Hildebrandt weiter, daß er vor
I2 Jahren (also x72o bis 1721) den großen Gartenpalast des Prinzen Eugen
von Savoyen - dies kann nur das obere Belvedere sein - in einem Jahre
begonnen und im nächsten vollendet habe. Man hätte das Vestibül aber nicht
einwölben wollen und so hätte er eine Deckenkonstruktion aus Eichen ge-
bildet, die aber gefault wäre und in diesem Winter (1732 bis 1733) hätte ent-
fernt werden müssen. Es wäre nun die ursprünglich von ihm geplante Wöl-
bung ausgeführt worden und sie wäre sehr gut gelungen (man vergleiche die
Abbildung auf Seite 266). Es ist dies eine Bemerkung von größter Bedeu-
tung für die bisher so unklare Baugeschichte des Belvederes.