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Objekt: Monatszeitschrift VI (1903 / Heft 10)

ODERNE ÖFEN AUS DER K. K. FACHSCHULE IN BECI-IYN. 
Das künstlerische Problem des modernen Kachelofens unterscheidet sich im 
Wesen keineswegs von dem 
früherer Jahrhunderte. Das Grund- 
thema bestand immer in der Auf- 
gabe, übereinstimmend mit der 
Hausarchitektur und der Innen- 
einrichtung ein Gebilde zu schaffen, 
das die Mitte hält zwischen archi- 
tektonischen und tischlerischen 
Formen. Der Ofen durfte nicht ganz 
und gar ein Gebäude in kleineren 
Dimensionen darstellen und sollte 
sich anderseits vom Möbel wesent- 
lich unterscheiden, da seine Be- 
sümmung, sein Herstellungs- 
material und seine standfeste Un- 
beweglichkeit ihn als etwas durch- 
aus anderes charakterisieren. Die 
Zwitterstellung des Ofens zwischen 
Gebäude und Möbel hat dahin 
geführt, dass die Künstler aller 
Zeiten gelegentlich die scharfe 
Mittellinie verliessen, auf der sich 
die schöpferische Phantasie in 
diesem Falle bewegen soll, und 
nach der einen oder anderen Seite 
exzedierten. Mitunter verdanken 
wirsolchenExzessenhervorragende 
Meisterleistungen der Technik und 
Luster, Wiener Arbeit, Bronze und Glas, zuletzt Hofburg Wien in diesem Falle haben Sie in e]? 
höhtem Masse verwirrend gewirkt. 
Die künstlerische Logik wird aber immer wieder dahin zurückführen, Gebilde zu schaffen, 
die sich weder an Bauwerke noch an Schreinerarbeit unmittelbar anschliessen und gleich- 
zeitig alle jene Motive vermeiden, die aus dem einfachen Beheizungskörper ein monu- 
mentales Denkmal machen. 
Beurteilen wir die beiden hier abgebildeten Öfen, welche in der k. k. Fachschule in 
Bechyn nach Entwürfen des Professors Eduard Hauptmann ausgeführt wurden, von diesem 
Gesichtspunkte, so können wir ihnen unseren Beifall nicht versagen. Besonders der mit 
Ahornblatt-Motiven verzierte Ofen entspricht im allgemeinen den Anforderungen modernen 
Geschmackes und besitzt eine nach guten Vorbildern vernünftig, sachgemäss und 
reizvoll entwickelte Form. Auch der in seinem oberen Teile pyramidal verlaufende 
Ofen präsentiert sich weitaus besser als die meisten im Handel vorkommenden Öfen, 
nur entspricht der krönende Abschluss, der mehr Hölzemes als Tönernes in seinen 
Details aufweist, und die Basis mit ihren recht zwecklosen und kraftlos geformten baluster- 
artigen Trägern nicht ganz unserem Stilgefühl. Auch die scharf profilierten Gesimse 
erinnern mehr an Holz als an Ton. Es lässt sich jedoch nicht leugnen, dass zahllose 
Vorbilder aus bester Zeit ebenfalls die nicht im Charakter des Materiales liegende 
Eigentümlichkeit scharfer Profile aufweisen. Andrerseits ist aber wohl keine Frage, 
dass eine bessere Einsicht und ein feineres Form- und Materialempfinden der 
Gegenwart sich auch durch Vorbilder von sonst autoritativer Bedeutung nicht beirren 
lassen darf. Fs. 

	        
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