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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 12)

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von Langenstein nennt Maria: 
„die viel reine Magd, die mit 
Keuschheit hat erjagt des 
Himmels Einhorn, das man 
zuvor der ganzen Welt zür- 
nen sah". 
In der Provence, der 
Heimat des Minnesangs, ist 
die Poesie der Troubadours 
reich an mystischen Ver- 
gleichen. König Thibault von 
Navarra nennt sich selbst ein 
Einhorn, weil er von Amor 
und seiner Herrin sein Herz 
nicht zurückerlangen könne, 
so wie das Einhorn im Schoß 
der Jungfrau vom Jäger ver- 
räterisch getötet wurde. Der 
Einfluß der französischen 
Bestiaeres, darunter jene des 
Pierre le Picard auf die fran- 
zösische höiische Lyrik war 
sehr bedeutend; ihre An- 
regung auf die bildende Kunst 
ist groß gewesen und in 
ganzen Zyklen, so zum Bei- 
spiel am Straßburger Münster 
Aus dem Mondseer Antiphonarium im Museum zu Linz. Um 1460 nachgewieserL Der deutsche 
Mmnesang entwickelte (sich 
unter französischem Einfluß und lernte die allegorische Anwendung der 
Tierbilder auf die Liebe zum großen Teil aus provengalischen Dichtungen. 
Orgeluse im Parzival nennt ihren Geliebten Cidegast ein Einhorn an Treue 
und Feiretiz trägt das Tier als Helmschmuck, als Sinnbild der Treue, das 
ihm Königin Secundille als Wappen gegeben, das Bild des reinen Tieres, in 
dessen Nähe alle giftigen Schlangen sterben, wenn sie es nur riechen. Gleich- 
falls in der geistlichen Volkspoesie finden die Syrnbolbeziehungen reichlich 
Anwendung. In der sechsten Strophe des Marienlieds „ich han mir usserkoren" 
aus einer Stuttgarter Handschrift des XV. Jahrhunderts heißt es von Maria: 
„den einhurn und die hinde 
hat sie gernachet zam." 
Ausführlicher ist dieses Bild in dem geistlich gewendeten jägerlied „Ich sahe 
mir den Maien" angewendet.
	        
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