tiefsatirische Bild, das so phantastisch und so wirklich zugleich ist. Einige gotische Sessel
auf einer kleinen Bühne und mehrere Türen sind Teile der Ausstattung seines Dramas
„Boleslaw der Kühne". Auch so ein viereckiger. zinnenstarrender Sessel, in dem man eine
Belagerung aushalten könnte, spricht seine eigene Sprache. Ein anderer Toter der Aus-
stellung ist Jan Stanislawski (gestorben 6.]anuar 1907). Ein Zimmer ist mit vielen kleinen
Landschaften von ihm behangen, lauter Augenblicksbildchen der Stimmung, teils von den
Ufern der Weichsel und des Dnjepr, teils aus Venedig, Florenz, Verona, Siena. Ein Ein-
drucksmaler von überaus sympathischer Lyrik, der eine leise Regung der Natur köstlich
auszudrücken weiß, aber auch für ihre großen, starken Momente, in so kleinem Rahmen
wenigstens, die packende Formel findet. In diesem Zimmer wohnt jedenfalls ein Geist,
den zu beschwören Freude macht. Der mächtigste unter den Krakauem ist jetzt Jözef von
Mehoffer, der Meister der herrlichen Glasmalereien von Fribourg, die man aus der Sezes-
sion kennt. Auch er ist hier stark vertreten. Merkwürdig ist der Umschwung, der sich seit
dem letzten Mal in seinem malerischen Fühlen und Wollen vollzogen hat; vermutlich
nicht für alle Zeit. Ihn interessieren jetzt nicht sowohl die üppigen Farbensymphonien
spanischer und mittelalterlicher Tonleiter, sondern ein feineres Durchdringen der Form
als solcher mit einem dämonisch spielenden Geist. Seine „schwärmende Prinzessin",
die von einem Englisch-Belgier des Canterbury-Kreises sein könnte, und die beiden
modernen Medusenköpfe mit ihren aus der Gegenwart herausgelesenen Unheimlichkeiten
von drastischer Feinschmeckerei, gehen in dieser Richtung; aber auch sein großes Panneau:
„Unterjochung der Elemente" für den Sitzungssaal der Krakauer Handels- und Gewerbe-
kammer. Der vollblütige Kolorist von einst ist das nicht mehr; er macht augenscheinlich
eine interessante Episode durch. Etliche Bilder zeigen immerhin noch die frühere Kunst
oder das Suchen über deren Grenzen hinaus; besonders fein das flaumig behandelte
Kostümbildnis eines alten Edelmanns, mit Büchern als Hintergrund. Eine höchst an-
ziehende Merkwürdigkeit ist sein Friesentwurf für den Säulensaal des Wiener Reichsrats-
gebäudes, zur Preisbewerbung gemacht. Ein rhythmisches Gefüge von schwarzen und
goldenen Figuren von eigenartiger Prachtwirkung, das mit seinem metallischen Charakter
gut in jene Marmorwelt hineingepaßt hätte. Unter den bekannten Malern stehen Chelmonsky
und Falat noch immer an guter Stelle, Wyczolkowski ist nicht schwächer geworden, sein
Sarkophag des heiligen Stanislaus (auf dem Wawel) eine packende Darstellung von alter
Bronze und vergilbten Wachskerzen. Axentowicz, der so viel Talent zur Beliebtheit beim
größeren Publikum hat, rafft sich zu einer großen Tat auf in dem Gemälde seiner eigenen
Familie, mit acht lebensgroßen Figuren, im modischen Toilettenwerk so „froufroutanW als
möglich, das englisch-amerikanische Vorbild (Sargent) nicht zu verkennen, aber viel
elegantes Können darin. Olga von Boznanska bringt zwei Damenporträte, nach dem
Stimmungsrezept geschickt, aber etwas absichtlich zusammengebraut. Unter den jüngeren
Malern ist Josef Pankiewicz, jetzt Professor, sehr erfreulich. Er malt Porträte und chinesische
Stilleben in einer weich vertreibenden, im Figuralen an Hennersche Samtpfötigkeit er-
innernde Behandlung. Sehr talentvoll entwickelt sich Wojciech Weiß, der den warmen
Larnpenschein („Familientischß „Die Mutter") auffallend wohlig darstellt, dann aber
wieder („Tadzio", ein kleiner Junge vor dem Christbaum) ganz Münchener „Scholle" ist.
Pautsch, Czajkowski, Kamocki, Trojanowski, Markowicz bringen treiiliche Landschaften,
Tetmajer gibt sich als ein derberer Uprka, Ruszczyc ist geistreich in Motiven, wie nur er sie
findet, Krasnodelsky hat in Farbenholzschnitt lebensgroße Porträte von trefflichem Stil und
Licht, Tichy gute Kohlenbildnisse. Bukowski (und MehoEer) interessante Einbände. Unter
den Bildhauern erregt der junge Wildling Xawery Dunikowsky Aufsehen und natürlich
Widerspruch. Seine vier großen Gipsgestalten, welche Phasen der Mutterschaft darstellen,
haben die rücksichtslose Lebendigkeit der französischen Frührenaissance, mit sozialem Mit-
leid von heute herb gewürzt. Seine große Gruppe „Fatum" ist reines Phantasiestück, noch
über die mittelalterlichen Wasserspeier der Kathedralen hinaus; das Erdrücktwerden durch
eine fatale Übermacht, ausgeprägt in zwei ungefähr menschenähnlichen Wesen. Mars-