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Volltext: Monatszeitschrift XI (1908 / Heft 3)

durch erstaunliches Malen im Quattrocentostil aufgefallen. Seither ins Moderne strebend. 
Die Dame besonders begabt; reizvolle Wald- und Gartenstudien. Ein Pariser „Ringelspiel" 
voll trefflicher Naturauffassung. Der Gatte teils Pariser Impressionist geworden (Arena- 
szenen aus Arles), teils mit Semmering-Studien beschäftigt. In dieser Richtung wird wohl 
die Zukunft liegen. Ein großes Bildnis seiner Frau recht interessant, aber in der Weise 
Ludwig Ferdinand Grafs. 
STAUFFER-BERN. Im Kunstsalon Heller sah man 27 Radierungen und Stiche von 
Karl Stauffer-Bern (1857 bis 18g x) vereinigt. Da er überhaupt nur 37 Blätter hinterlassen 
hat, allerdings in verschiedensten (bis zu zwölf) Zuständen, jedenfalls ein guter Überblick. 
An der Hand von Max Lehrs' musterhaft erklärendem, schon fast Biographie zu nennendem 
Katalog war es sehr ersprießlich, diese Blätter zu durchmustern. Die meisten waren Probe- 
drucke aus dem Besitz des Wiener Sammlers Max Biach. Die Graphik Stauffers-Bern, der 
früher Maler und Bildhauer war, reicht bloß über eine Spanne von vier Jahren, innerhalb 
deren er aber das ganze Gebiet durcharbeitete. Er mischte seine Technik ganz nach Belieben 
und enthielt sich bloß der Aquatinta. Schneidnadel, Radiemadel, Grabstichel wirken zu- 
sammen. Immer mehr aber neigt er dem Grabstichel zu und belebt den Kupferstich in so 
moderner Weise, daß sein meisterhafter liegender Mannesakt von einer akademischen 
Preiskommission sogar zurückgewiesen wurde. Ein kleiner weiblicher Akt, in zwei Tagen 
mit Hilfe einer Photographie gemacht, zeigt die ganze Lebendigkeit, die sein Stichel, jedem 
leisen Moment der Natur augenblicklich folgend, an die Stelle der schematischen früheren 
Linienmanier gesetzt hat. Ferdinand Gaillard war wohl sein Vorläufer, gerät aber so ins 
Lupenhafte (Porträtstich Leos XIIL}, daß seine Stiche schon fast den Eindruck von Photo- 
typien machen. Stauffer wahrt den Charakter des Stichs. Sein bestes Blatt ist das Bildnis 
seiner Mutter, nach Lehrs „eine glänzende Kraftprobe, wie sie nur selten und im Laufe 
von Generationen einmal einem Künstler gelingt". Sein Selbstporträt mit der Zigarre, das 
er unter fünfen für das beste hielt, und die Bildnisse seines Lehrers Peter Halm schließen 
sich an. Allbekannt sind sein Gottfried Keller, in ganzer Figur auf einem Sessel sitzend, 
diese dunkle Silhouette, halb Provinz, halb Olymp; dann sein Konrad Ferdinand Mayer, 
im Hut, dessen Krempe den schönen Schatten über den oberen Teil des hellbesonnten 
Gesichts wirft. Dann Gustav Freytag, einmal auch in seinem Garten zu Siebleben, und die 
verschiedenen Damen seines Kreises, darunter Eva Dohm mit der mächtigen schwarzen 
Mähne und dem Seidenschimmer (Lehrs) des Teints. 
KLEINE NACHRICHTEN 5b 
ÜLIÜS LESSING  Am 14. März ist der geheime Regierungsrat julius Lessing, 
Jder Direktor des königlichen Kunstgewerbemuseurns in Berlin, eben als er sich in 
den Ruhestand zurückziehen wollte, dahingeschieden. Er hat die ursprünglich kleine Kunst- 
gewerbesammlung des Berliner Gewerbevereins durch überaus rege Tätigkeit und vom 
Glück begünstigt, zu der glänzenden Sammlung des Berliner Kunstgewerbemuseums aus- 
gestaltet, an dessen Spitze er sich seit dem ]ahr 1872 befand. 
Mit Julius Lessing ist einer der bedeutendsten und originellsten Museumsmänner 
Deutschlands dahingeschieden. Aufs trefflichste vertraut mit allen Gebieten der Kunst- 
wissenschaft, seinen offenen Blick fest auf alle Erwerbungsmöglichkeiten gerichtet, un- 
ermüdlich tätig als Anreger, Lehrer, Organisator, ein glänzender Redner und ebenso 
glänzender und fruchtbarer Schriftsteller, hat er ein überaus großes Arbeitsfeld bestellt 
und reiche Früchte reifen sehen. Zu den glücklichen Ereignissen seines Wirkens als 
Musealdirektor gehörte die aus der Initiative des ersten deutschen Kaisers hervorgegan- 
gene Widmung der königlich preußischen Kunstkammer mit rund gooo auserlesenen Objekten 
an das Kunstgewerbemuseum, wodurch dieses mit einem Schlag in die vorderste Reihe
	        
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